Full text: [Untertertia, [Schülerband]] (Untertertia, [Schülerband])

euch gelänge, was eurem Herrn mißglückt, so würde euer gutes Glück euck 
selbst kalten Dank bei eurem Gebieter eintragen." 
„Dann müssen wir zusehen, wer den Schaden trägt," antwortete de 
Schenk zornig. „Auch die Frauen haben den Landgrafen bestärkt, Frau 
5 Hedwig bat sich den Fingerring aus, den er gewinnen wird, und Frau Else 
sah zwar anfangs traurig darein, doch im Grunde vertraut sie fest ihrem 
Gebete und der unübertrefflichen Tugend ihres Hauswirtes." 
Henner nickte. „Dennoch muß hier Hilfe geschafft werden. Tut, was 
ihr vermögt, ich will's an mir nicht fehlen lassen." Die beiden drängten 
10 die Rosse aneinander und verhandelten leise durch die Helmlöcher. 
Nach dieser Beredung verliefen die drei Rennen besser, als Henner ge¬ 
fürchtet hatte. Hell Hangen die Posaunen, die Herren sprengten aus ihren 
Stand, der durch ein Fähnlein bezeichnet war, sie grüßten einander mit 
würdiger Neigung des Hauptes, senkten die Speere, hoben die Schilde und 
k 5 rannten von der Stelle in gestrecktem Lauf gegeneinander. Aber während 
dem schnellen Ritt hob Ivo einen Speer, setzte ihn auf das Knie und 
empfing ohne Gegenstoß den Anritt des Landgrafen. Dieser traf mit der 
stumpfen Spitze auf die Eisenplatte, welche als Bruststück über das Panzer¬ 
hemd gelegt war, die Stange zersplitterte. Ivo saß unbeweglich und neigte 
20 das Haupt tiefer, als die Reiter so nahe aneinander vorüberflogen, daß ihre 
Knie streiften. „Speere her," riefen beide, und die aufgeregten Helden, 
welche in zwei Scharerl geteilt um den Kampfplatz hielterr, schrien ihnen 
die Worte nach. Die beiden Marschälle ritten herzu, prüften mit scharfem 
Blicke die Rüstung der Kämpfer und die Riemen des Geschirres und legten 
25 die neuen Speere in die Hand der Leibknappen. Diesmal arrtwortete der 
Löwe auf die Huldigurrg im ersten Rennen dadurch, daß er seinen Speer 
aus der eisernen Auflage hob und unter den Arm schlug. Ivo erwies 
sogleich dieselbe Artigkeit, und auch dies Rennen blieb, wie zu erwarten 
lvar, ohne Gefahr, der schwache Stoß des Landgrafen traf wenigstens den 
30 Schild des Gegners, so daß der Speer zerbrach, und Herr Ivo hatte rrach 
der Mitte des Schildes gehalten, wo die Widerstandskraft des Gegners am 
größten war. Beide Kämpfer saßen, als sie aneinander vorübergejagt 
waren, fest im Sattel. Wieder riesen die Mannen Heil! und Waffen! aber 
eine Unruhe war eriennimr, jeder wollte den Ernst des Spiels sehen. „Jetzt 
35 kommt's," seufzte Henner, sorgfältiger prüfte er den Harnisch seines Herrn, 
ulld damit beschäftigt, sprach er leise: „Bon eurem Vater und von eurem 
Großahn vernahm ich, so oft sie gegen einen gekrönten Helm ritten, stachen 
sie nach der Krone. Da auch heute der Löwe sich nicht enthalten sonnte 
zu zeigen, daß er ein Herr fein will über uns alle, so wäre es ein gutes 
40 Werk, das Krönlein zu kappen." Der kluge Rat half, beide Herren trieben 
ihre Rosse weiter rückwärts von ben Fähnlein, um stärkeren Anlauf zu
	        
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