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zu sein, sich 'zum Alleinherrscher machte, wie wir das bei Pisistratus
sehen. Der griechische Name für diese Leute ist Tyrann. Dieses
Wort bezeichnet also ursprünglich einen Mann, der sich die Herr¬
schaft in einem Staate anmaßte, der früher frei gewesen war, und
man muß sich hüten, damit den Begriff zu verbinden, den es jetzt
hat, wo man darunter einen Menschen versteht, der seine Gewalt
mißbraucht nnd zur Bedrückung uud Mißhandlung der Bürger ver¬
wendet. Es kam indeß nicht selten vor, daß diese griechischen Ty¬
rannen, die ja ihre Macht gegen den Willen des Volkes besaßen,
dieselbe durch Gewaltmittel zu behaupten gezwungen wurden, so daß
schon damals bisweilen das Wort Tyrann zur Bezeichnung eines
gewaltthätigen Menschen gebraucht wurde. Diese Tyrannen traten
namentlich im siebenten und sechsten Jahrhundert v. Chr. auf, und
einer der berühmtesten unter ihnen ist Polykrates von Samos.
Samos war im Alterthum eine reiche und blühende Insel;
sie liegt an der Küste von Kleinasien und gehört zu den sogenann¬
ten Sporaden. Hier herrschten die vornehmen Geschlechter, gegen
die sich Polykrates in Verbindung mit seinen zwei Brüdern erhob.
Als einst die Bürgerschaft einen großen Festzug zum Tempel der
Hera hielt und während des Opfers die Waffen ablegte, überfielen
seine Brüder die Wehrlosen mit einer Schaar Söldner, während er
selbst sich der Burg bemächtigte und so in Besitz der Gewalt kam
dies geschah um 532 v. Chr. G.
Anfangs regierte er in Gemeinschaft mit seinen Brüder»; bald
darauf aber ließ er den einen todten, verjagte den jungem und
wurde so Alleinherrscher der Insel. Seine Macht wuchs schnell
heran, und sein Name wurde bald in Asien und Griechenland bekannt.
Was er unternahm, das gelang ihm; er besaß hundert Schiffe von
fünfzig Rudern und außer anderen Söldnertruppen eine Schaar von
tausend Bogenschützen. Diese Macht benutzte er, um verschiedene
Inseln des ägäischen Meeres und Städte in Kleinasien zu erobern.
Dadurch kam er in den Besitz unermeßlicher Reichthümer, die er ver¬
wandte, um großartige Bauwerke in seiner Residenz zu errichten und
seinen Hof auf das Prächtigste auszustatten. Er war auch Beför¬
derer der Künste und Wissenschaften und Freund von Dichtern und
Gelehrten, die sich an seinem Hofe aufhielten; ebenso legte er eine
Büchersammlung an.
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