Full text: [Band 4, [Schülerband]] (Band 4, [Schülerband])

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strebende, versöhnlich gegen Reuige, herablassend gegen die Seinen; doch ver¬ 
lor er weder in der Freude noch im Schmerze jemals Würde und Haltung. 
Selten trog ihn sein Urteil, fast nie sein Gedächtnis. Gern hörte er Rat; 
die Entscheidung aber kam, wie es dem Herrscher gebührt, stets von ihm 
20 selbst. Andacht an heiliger Stätte, Ehrfurcht gegen Geistliche als Verkünder 
des göttlichen Wortes möchte man Eigenschaften des Zeitalters überhaupt 
nennen. 
Rücksichtslos die Gesetze zu vollziehen, hielt er für die erste Pflicht 
des Fürsten; ihnen unbedingt zu gehorchen, für die erste des Unterthans. 
25 Überall stärkte er seinen Willen und seine Kraft dadurch, daß er nur das 
unternahm, was nach seiner Überzeugung dem Rechte und den Gesetzen gemäß 
war, und daß er auf große Vorbilder früherer Zeiten mit der Begeisterung 
hinblickte, welche selbst ein Zeichen der Tüchtigkeit ist. Insbesondere hatte er 
Karl den Großen zum Muster genommen und erklärte, ihm nachstrebend müsse 
30 man das Recht der Kirche, das Wohl des Staates, die Unverletzlichkeit der 
Gesetze im ganzen Reiche zu gründen und herzustellen suchen. Aber selbst in 
spätern Jahren, wo er dem würdigen, ihm verwandten Geschichtschreiber 
Otto von Freising Nachrichten über seine wahrlich nicht unbedeutenden 
Thaten mitteilte, fügte er, von eitler Selbstliebe kleiner Seelen weit entfernt, 
35 fast wehmütig hinzu: „Im Vergleiche mit dem, was jene herrlichen Männer 
der Vorzeit leisteten, sind dies viel mehr Schatten als Thaten." 
Friedrich von Raumer. Geschichte der Hohenstaufen. B. II. 18412. S. 5 ff. 
Vgl. Lohmeyer, Wandbilder: Kaiser Friedrich der Rotbart und die Mailänder. 
(H. Luchs, Kulturhistorische Wandtafeln, Nr. 15.) 
16. Das Reichssest in Mainz (1184). 
Der Abt Arnold von Lübeck und einige andere gleichzeitige Geschichtschreiber, deren 
Angaben im folgenden in Arnolds Bericht verwoben sind, erzählen von dem glänzenden 
Feste, das Kaiser Friedrich I. zu Pfingsten des Jahres 1184 in Mainz veranstaltete, als 
seine beiden Söhne Heinrich und Friedrich dort den Ritterschlag erhalten sollten: 
Im Jahre 1184 um Pfingsten hielt Kaiser Friedrich einen sehr 
berühmten Hoftag zu Mainz. Dahin kamen alle Würdenträger, Beamten 
und Fürsten, dahin die Erzbischöfe und alle Großen und Edlen, welche dem 
Kaiser zu gefallen wetteiferten. In der Ebene, welche sich in der Nähe von 
5 Mainz zwischen Rhein und Main ausbreitet, erstand eine leichtgebaute, aber 
glänzende und prächtige Stadt zur Aufnahme der von stattlichem Gefolge be¬ 
gleiteten Fürsten und Großen. 
In der Mitte der kunstreich erstandenen Zeltstadt erhob sich in reich¬ 
geschmücktem Holzbau der für den Kaiser selbst bestimmte Palast und mit ihm 
10 in Verbindung stehend eine mächtige Kirche. Um diesen Mittelpunkt breiteten 
sich in weitem Kreise die Zelte aus, welche die einzelnen Fürsten für sich 
herrichten ließen. Zahllose, in den verschiedensten Farben erglänzende Zelte 
bedeckten die weite Ebene, auf ihren Spitzen mit Fahnen und Bannern 
mannigfach geschmückt. 
15 Mehr noch staunte man die Vorräte von Lebensmitteln an, welche auf 
des Kaisers Befehl von allen Seiten her, zu Lande und zu Wasser, rhein-
	        
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