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VII. Naturleben.
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Die Natur denkt lauter große Gedanken, und die des
Menschen, indem er ihnen nachsinnt, lernen sich ausdehnen
und werden den ihrigen ähnlich.
E. v. Zeuchtersleben.
43. Das Schöne und das Erhabene in der Natur.
1.
ägjctft es viele Dinge in der Natur gibt, die den Zinnen des
Menschen wohltun, braucht man kaum zu sagen. Der Ge¬
ruch der Nosen und tausend anderer Blumen, die Klarheit,
die Spiegelung und die leuchtenden Farben des Wassers,
die glänzenden Wolken, die Farben des Zonnenaufgangs und -Unter¬
gangs, das Grün eines weiten wiesenplanes sind unsern Zinnen
wohltätig, ja, sie wirken oft unmittelbar heilsam auf sie ein. Rber
ist das alles mehr als Zchaumflocke vom großen Wellenschlag der
Erscheinungen? Diese Eindrücke sind oft gemischt mit einem phy¬
sischen Zusatz von körperlichem Wohlbehagen, dessen wir in der
reinen, frischen Luft, in der Entfernung von dem lärmenden und
bunten Treiben der Menschen innewerden. Das Lmportauchen aus
der schweren Lust des Weltlebens, das vergessen dieser Welt in
ruhiger Betrachtung der Natur erquickt. Und noch Geringeres kann
uns schon dünken. Rus Holland schreibt ein Kenner der Kunst: Das
Zchöne offenbart sich hier vornehmlich in der Form von Ordnung
und Reinlichkeit an Landsitzen und Bauernhäusern, in Baumreihen
und pflanzgärten.
Zn anderer Richtung weist auf ein in der Natur selbst liegendes
Zchöne die Tatsache, daß es Landschaften gibt, mit denen es uns
geradeso geht wie mit gewissen Gesichtern oder auserlesenen Menschen¬
gestalten: sie gefallen uns auf den ersten Blick, ihr Gefallen ist ein
In-die-Rugen-fallen. Dazu gehört der Zilberstreif eines fernen, firn¬
bedeckten Hochgebirges vor einem blauen Himmel, eine hellufrige
Küstenlandschaft zwischen blauem Gebirge und stillem, weitem Meer
oder ein Hain herrlicher Bäume, eine schöne Blume, ein glänzender
Kristall. Daß nicht Laune unserm Gefallen zugrunde liegt, beweist
auch hier, daß viele mit uns die Neigung teilen. Das Meer hat,