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den Waldboden belegen, ist jedoch nicht Lchatten, sondern, wie neuere
Untersuchungen gezeigt haben, die Luftfeuchtigkeit. Durch die smaragd¬
grünen Vlättlein entnehmen sie das Wasser der Luft, mit ihnen ver¬
schlucken sie den Regen. Darum ziehen sie sich stets an die feuchteren
stellen, darum wirkt der Moosteppich des Waldes wie ein Lchwamm.
Er verhindert das Rustrocknen des Bodens, er verhindert den Regen,
auch auf hängen allzu rasch abzufließen, er sichert dem Walde ein
stets gleichbleibendes Mittelmaß von Bodenfeuchtigkeit, und indem die
Moosdecke auch fast ebensoviel Wasser verdunstet, wie sie aufnimmt,
sichert sie der Waldluft einen guten Teil ihrer großen Feuchtigkeit, die
sie uns als so labend, klar und kühl empfinden läßt.
Das ist die wahre Bedeutung der Moose für den Haushalt des
Waldes. Das Moos ist ein großer Regulator der Natur, darum sollte
staatswissenschaftliche Einsicht es begünstigen, wenn es auch der Forst¬
wirt aus engeren Gesichtspunkten nicht zu sehr liebt. Üppig gedeiht
es nur im Naturwalde, denn dieser ist auch stets wasserreicher. In
den Ladeten raschelt und plätschert allerwegen ein Bächlein- zahllose
dünne Wasserfäden durchrieseln alle hänge, aber nirgends sah ich auch
so schwellende Moospolster wie dort, wohin die Moosfreunde schon
lange als zu ihrem Eden wallfahrten.
Man kann wohl sagen, daß Moos das Wasserreservoir des Waldes
ist, daß die Moospolster ihm das nötige „Gehölzklima" bewahren, daß
sie die Russchreitungen der Witterung unschädlich machen, indem sie
das übermäßige Wasser, das die Lchneeschmelze hinterläßt, auf lange
hinaus dem Boden wahren und jede Lturzflut mächtiger Lommerregen,
weise in kleinste Tröpfchen zerteilt, in Millionen von Zellen gesperrt,
aufheben für die Zeiten des Hochsommers, wenn die Fluren lechzend
schmachten, die wiesen knisternd verdorren, dann bewahrt der Wald
seine gleichmäßig erquickende Frische, als könne er sich selbst sein Rlima
zubereiten.
Vas ist der eine große geheime Kreislauf im Leben des Waldes.
Es gibt aber noch einen anderen, der viel verwickelter ist und vielleicht
auch in den des Wassers übergreift. Das ist der Kreislauf der Er¬
nährung.
Der Wald erhält sich selbst, denn er düngt sich selbst. Nicht nur
durch die Legionen von Tierchen, die in ihm geboren werden, und auch
zur ewigen Ruhe gehen, sondern hauptsächlich durch den herbstlichen
Laubfall. Diese segensreiche Wirkung des Vlätterfallens vergißt man
so leicht, weil man immer das Naheliegende übersieht, was der Baum
dem Boden entzogen hat an mineralischen Stoffen, das gibt er ihm
wieder; er bereichert ihn sogar, denn er schenkt ihm Kohlenstoff. Daher
ist waldland so fett und reich, wenn wir es zum Rcker machen.
wir wissen schon, wie aus toten Blättern lebensnützlicher Humus
wird, und gewöhnt, daß die Natur alle Phantasie übertrifft, nimmt