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deckt sind, umgeben ihn ringsum, so daß sein ruhiger Spiegel selten
im Sturme Wellen schlägt. — Das Albaner Gebirge aber, zwischen
dem unteren Tiber und Garigliano, bildet wegen seiner malerischen
und reizenden Partien geradezu das Entzücken der Maler. Und end¬
lich von dem schönen Lande das Schönste ist der Gols von Neapel,
„ein Stück Himmel auf die Erde gefallen", von welchem der Ausspruch
bekannt genug ist: „Neapel sehen und sterben".
Anziehend wirkt endlich in Italien noch seine eigentümliche Vege¬
tation. Schon in der fruchtbaren Ebene des Po wachsen süße Kastanien,
Feigen und Mandeln; die Grenze der Äcker bilden Maulbeerbäume
und Ulmen, an welchen man die Weinrebe aufrankt und die Guirlanden
von Wipfel zu Wipfel zieht. Verbunden mit den kleinen, übers Kreuz
gepflanzten Pappelflecken giebt das dem Land oft das Ansehen eines
Parkes. Das Reich der eigentlichen Südfrüchte beginnt aber erst am
Ende der pomptinischen Sümpfe bei Terracina. Breitblättrige
Feigen-, dunkelgrüne Citronenbäume, Granaten mit feuerroter Blüte,
saftige Ranken der indischen Stechfeige, die Aloö Amerikas (Agave)
und selbst die hohe afrikanische Palme bilden zusammen einen dichten
schattigen Hain, während Terracina selbst von Myrten- und Oliven¬
waldungen eingefaßt ist. Hier hat man recht eigentlich die Gärten
der Hesperiden betreten und trifft nun jene herrlichen Bäume frei¬
wachsend und stets im Freien ausdauernd in Wäldern an, und in
dieser Südhälfte ist Italien im wahren Sinne das Land, „wo die
Citronen blüh'n, im dunkeln Laub die Goldorangen glüh'n, die Myrte
hoch und still der Lorbeer steht".
Begreifen wir schon hiernach, daß Italien eine große Anziehungs¬
kraft auf die Deutschen ausüben kann, so erklärt sich uns dieselbe auch
aus der Bedeutung dieses Landes für die Wissenschaft. Bologna war
die erste Universität, besonders für die Rechtswissenschaft, und lange
strömten die deutschen Rechtsbeflissenen dorthin, um ihre Studien zu
machen. Dies hat nun zwar heute aufgehört, aber immer noch hat
Italien für den deutschen Altertumsforscher, sei er Historiker oder
Philologe oder Archäologe, seine eigentümliche Anziehungskraft bewahrt.
Hier kann der Historiker nicht nur die römische, sondern selbst die
deutsche Geschichte besser verstehen; denn auch Mittelalter, Papsttum
und Kaisertum werden hier klarer und verständlicher, wo so lange
Zeit die Strömungen des antiken, christlichen und deutschen Lebens zu
einem gewaltigen Weltstrom sich verbanden, und da die Mißbräuche
des Papsttums und seine Ansprüche von hier ausgingen und Wider¬
spruch erweckten, so hat auch die Reformation hier ihre Wurzeln. Ja,
hier spricht, wie Goethe sagt, jeder Platz, jeder Stein zu uns, und viele