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Am liebsten treibt die Ringelnatter ihr stilles Wesen in feuchten
Wäldern, im hohen Grase und im Buschwerke an Bächen, Teichen
und Seen.
Hier lauert sie auf Kröten und Frösche. Auf ihre Beute schießt
sie pfeilschnell los und schwimmt ihr selbst weit nach. Sie gleitet
lebhaft schlängelnd unter dem Wasserspiegel hin. Auf dem Lande
kann sie auf junge Bäumchen steigen. Wenn sie jung ist, fängt sie
Insekten und Würmer, später auch kleine Fische; sie soll auch Mäuse
und kleine Vögel angreifen und fressen. Ihre Lieblingsnahrung aber
sind Frösche und Kröten, von denen sie eine große Zahl verschlingen
kann. Oft sind die Frösche viel dicker als der Kopf der Schlange,
und sie braucht dann mehr als eine Stunde, um einen solchen hinein¬
zuwürgen. Wenn sie gesättigt ist, liegt sie wie tot da.
Die Ringelnatter legt Eier, die größer als Sperlingseier sind;
sie sind jedoch nicht von einer harten Schale umgeben, sondern mit
einer gelbweißen, lederartigen Haut überzogen. Da die Ringelnatter
ein kaltblütiges Tier ist, kann sie die Eier nicht selbst ausbrüten;
sie legt sie daher an einen feuchten und warmen Ort, z. B. in
einen Düngerhaufen Nach etwa drei Wochen schlüpfen die Jungen
aus. Sie sind dann schon fünfzehn Zentimeter lang, wachsen aber
nur sehr langsam.
Wenn die Ringelnatter einen Menschen sieht, so sucht sie gleich
zu entfliehen. Hindert man sie daran, so richtet sie sich auf, zischt
wütend und fährt auf ihren Feind los. Sie versucht dann auch zu
beißen; doch ist ihr Biß nicht gefährlich, da sie keine Giftzähne hat.
Nach Tschiuli u. Bach.
223. Der Hirschkäfer.
Unter allen Käfern, die bei uns vorkommen, ist der Hirschkäfer
der größte. Das Männchen ist ein schönes Tier von 5 cm Länge
und schwarzbrauner Farbe. Von dem Weibchen unterscheidet es sich
auf den ersten Blick durch seine über 21/2 cm langen, nach innen
gebogenen Oberkiefer; sie gleichen kleinen Hirschgeweihen. Damit
vermag es nicht nur tüchtig zu kneipen, sondern auch ziemlich schwere
Körper zu fassen und von der Stelle zu wälzen. Auch bedient es
sich derselben zur Herbeischaffung seiner Nahrung: es zerreißt näm¬
lich damit die jungen Zweige der Eichen; den Saft, der aus den
verwundeten Stellen ausströmt, leckt es mit seinen pinselartigen Unter¬
kiefern auf.
Das Weibchen legt die fünfzehn bis zwanzig gelblichen, länglich¬
runden Eier in den Moder faulender Eichen. Die aus ihnen aus¬
gekrochenen Larven sehen fast aus wie die Engerlinge der Maikäfer.
Fünf Jahre haben sie ihren Aufenthalt in der Baumerde oder im
modernden Holze und werden zuletzt so lang und so dick, wie ein
recht großer Finger. Im sechsten Jahre verfertigen sie sich mit
Hilfe ihrer Gebißzangen und der Füße eine hohle, eigroße Kugel.
Darin verpuppen sie sich. Drei Monate nach der Verpuppung kriecht