Full text: Lesebuch für die 5., 6. und 7. Klasse der pfälzischen Volksschulen

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Häuptling die Hand und sprach: „Ich bin Varus, der Veller des 
Kaisers; ich bin gekommen dir zu sagen, was wir brauchen: 30 
Slücke Tuch, wie es eure Weiber weben; außerdem hat der Gau 
zu liefern: 100 fekke Rinder, 100 Rindshäute zu Leder, 50 Säcke 
Haber, 50 Fuder Heu und 50 Fuhren Stroh, alles innerhalb einer 
Woche. In deinem Dorfe werde ich heute mit der Lieferung an— 
fangen lassen.“ Der Häuptling war blaß geworden. „Herr, das 
gehl nicht, wir sind arme Leute!“ antwortete er. „Wer sich widersetzt, 
der hat es mit denen dork zu kun,“ antwortete Varus und wies mik 
der fleischigen Hand zurück auf die sechs Soldaten mit den Rulen⸗— 
bündeln. „Die Beile sind frisch geschliffen und die Stöcke reichen 
für den ganzen Gau.“ Ein Murren ging durch die Umstehenden, 
um das sich aber Varus nicht zu kümmern schien. „Was gibl's zu 
essen und zu trinken?“ fragle er lachend, „euere rauhen Winde 
machen hungrig und durstig.“ Er gab seinen Offizieren ein paar 
Befehle in lakeinischer Sprache und schrikk auf das Haus des Häupk⸗ 
lings zu. 
Armin stand in der Nähe und horchte; dem Statkhalker war 
das nicht entgangen. „Verstehst du unsere Sprache?“ fragke er ihn 
verwunderk auf lakeinisch. „Ich habe sie in Rom gelernt,“ gab 
Armin zur Antwork. „Du hast gedient?“ — „Ja, mein Bruder 
dient noch jeßt im römischen Heere.“ — „Hast du dich ausgezeichnek?“ 
Armin hiell ihm die Hand hin, an der ein goldener Ring funkelle. 
„Diesen Ring gab mir der Kaiser, als er mich zum römischen Rilker 
machle.“ — Wie heißlh du?“ — „Armin, Sohn des Fürsten Segimer 
im Cheruskerland.“ — „Segimer, — richtig! den kenne ich.“ 
Varus bektrachlete mit Wohlgefallen den schönen, hochgewachsenen 
Wann, der stolz vor ihm stand und ihn aus blauen Augen furchklos 
anblickle. „Ich hoffe, daß du öfter zu meiner Tafel kommst; ich 
sehe es nicht gern, wenn ein deulscher Fürst, der römischer Riller ist, 
sich von meinem Zelte fernhält,“ sagte er freundlich. 
Varus trak in die Stube. Verächtlich ließ er seine Augen 
herumgehen auf den mit Feldsteinen gepflasterken Boden, die von 
Rauch und Ruß geschwärzken, fensterlosen Wände, die Dachbalken 
mit dem Strohdach. Ein Lichlstreifen, der vom Rauchloch im Dache 
kam, beleuchlele die düstere Stube. Alle setzlen sich an den schweren, 
eichenen Tisch vor dem Herde. Varus saß zwischen Armin und dem 
Häuptling; römische Offiziere und Bauern aus dem Dorfe hallen in 
zwei Reihen am Tische Plaß genommen. Die Knechte tkrugen
	        
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