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Immer wieder mußten sie zum Schwerte greifen, um das bedrohte
Ordensland gegen die Einfälle der wilden Horden zu schützen.
So kehrten sie auch einmal von einem siegreichen Kriegs¬
zuge in die Heimat zurück. Unter der reichen Beute, die sie
gemacht hatten, befand sich eine Anzahl Jungfrauen. Da man
nicht recht wußte, was mit ihnen geschehen sollte, ließ der Hoch¬
meister aus dem Erlöse der verkauften Kriegsschätze ein Kloster
erbauen und die Jungfrauen darin unterbringen und gut versorgen.
Eine der KlosterschWestern, mit Namen Katharina, verstand
es, vorzügliche Pfefferkuchen zu backen. Diese fehlten selten
auf der Klostertafel und wurden bald allgemein Katharinchen
genannt. Der gute Ruf dieses ausgezeichneten Backwerks ver¬
breitete sich schnell über die engen Klostermauern hinaus, und in
kurzer Zeit waren die Katharinchen überall begehrt.
Später unterstützten die Ritter ihre Schützlinge nicht mehr
so reichlich wie früher, und zuletzt überhaupt nicht mehr. Die
Nonnen waren gezwungen, sich ihren Lebensunterhalt selbst zu
verdienen. Da war nun guter Rat teuer; denn viel Künste ver¬
standen sie nicht, und schwere Arbeiten waren sie auch nicht sehr
gewöhnt. In ihrer Not kam ihnen ein guter Gedanke. Sie be¬
schlossen, die Katharinchen massenhaft zu backen und damit
Handel zu treiben.
Um nicht geschädigt zu werden, hielten die Klosterschwestern
die Vorschrift für die Bereitung der Katharinchen streng geheim;
allein sie wurde doch schließlich verraten und gelangte zur Kenntnis
einiger Thorner Honigkuchenbäcker, die nun ebenfalls die Her¬
stellung des berühmten Pfefferkuchens eifrig betrieben.
Seitdem sind Jahrhunderte vergangen; aber noch immer werden
die Katharinchen von den Thorner „Pfefferküchlern“ nach der alten
Vorschrift hergestellt und in ungeheuern Mengen nach allen Wind¬
richtungen versandt, besonders zur Weihnachtszeit. Wenn aber
die Kinder unter dem brennenden Tannenbaume die schmackhaften
„Thorner Katharinchen“ verzehren, dann denken wohl die wenigsten
von ihnen daran, daß sie diesen süßen Honigkuchen eigentlich der
Klosterschwester Katharina verdanken.
Nach Paul Behrend. (WestpreuBischer Sagenschatz.)