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172. Das elektrische Licht.
Von Max Eschner.
M ihr soweit in die Geheimnisse der Verwendung elektrischer
Kraft gedrungen seid, kann ich euch auch die Frage nach der Her—
kunft des elektrischen Lichtes beantworten.“
Mit diesen Worten kommt der Vater auf eine Anregung zurück, die
sich beim Schluß der Plauderei über die Gasbeleuchtung und deren Vor—
oder Nachteile gegen die elektrische Lichtanlage von selbst ergab.
„Die Elektrizität gilt als die Kraftquelle, aus der in Zukunft unsere
meisten industriellen und gewerblichen Maschinen versorgt werden dürften,“
fährt der Vater fort. „Wohl in erster Reihe ist ihre Verwendung dem 10
Beleuchtungswesen zugute gekommen. Männer von weltberühmtem Namen,
wie der Berliner Werner Siemens, der Nürnberger Schuckert, der Nord—
amerikaner Edison (spr. Eddißn) u. a haben ihre Findigkeit, große Gelehr—
samkeit und langjährige Versuche daran gewandt, um die elektrische Kraft
zur Lichterzeugung so allgemein verwendbar zu machen, daß man es heute 15
nicht bloß in großen Räumen, wie in Arbeits— und Versammlungssälen
oder zur Wegebeleuchtung, sondern auch in Wohnzimmern findet. Und in
der Tat verdient es diese allgemeine Verbreitung schon deswegen, weil
es weder Hitze entwickelt noch durch Ruß und Rauch die Luft verdirbt,
abgesehen von seiner strahlenden Helligkeit.“
„Auch die Bedienung ist so leicht wie bei keinem andern Lichte,“
lobt die Mutter, „da gibt es kein Oleingießen, kein Zylinderputzen und
anderes mehr, und sogar das Auslöschen und Anzünden fällt weg. Man
kann von einer einzigen Stelle aus beliebig viele Lichter entzünden, auch
wenn sie in weit auseinanderliegenden Räumen angebracht sind, und 25
ebenso bequem kann man es wieder finster machen. Dabei gibt es
keine Explosionsgefahr, ja, sogar die Kunst kommt bei der Einrichtung
dieser Beleuchtung besser zu ihrem Rechte.“
„Zur Beleuchtung der Wohnräume,“ fährt der Vater fort, „sind die
sogenannten Birnen geeignet, die euch bekannten kleinen, länglichen Glas- 30
glocken, in denen eine gebogene oder mehrfach gewundene Faser glüht,
die nicht stärker ist als ein Pferdehaar. Man fertigt sie aus verschiedenem
Stoff oder Material. Der Amerikaner Edison wählte dafür die Faser des
Bambusrohres. Sie ist zäh, besteht aber wie jede andere Pflanzenfaser
aus Sauerstoff, Wasserstoff und Kohlenstoff. Indem man sie vor dem 35
Gebrauch der Hitze aussehtt, verkohlt sie, d. h. Wasserstoff und Sauer⸗
stoff entweichen daraus, und reiner Kohlenstoff bleibt in Gestalt einer
Faser zurück. Beide Enden sind mit dem Leitungsdrahte verbunden,
so daß der elektrische Strom durch die Faser laufen muß. Dabei er⸗
wärmt er sie in so hohem Maße, daß sie weißglühend wird und weithin 40
leuchtet.“
„Verbrennt denn aber diese Kohlenfaser nicht bald?“ forscht Elisabeth.
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