Full text: [Teil 2, [Schülerband]] (Teil 2, [Schülerband])

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Gebäude der Firma Breitkopf & Härtel in der Nürnberger Straße nur 
Musikstücke berühmter Meister gedruckt werden? Kurz: Leipzig marschiert 
im Buch- und Musikalieuhandel an der Spitze Deutschlands. 
258. Die sächsische Maschinenfabrik in Chemnitz. 
1. Das sächsische Manchester ist eine Bezeichnung, die für Chem¬ 
nitz gang und gäbe ist. Warum wohl? Weil hier wie im englischen 
Manchester die Baumwollenballen aus New Orleans, Alexandria, Bombay 
in ganzen Wagenladungen ankommen; weil hier wie dort eine Maschine mit 
Stahlzähnen, der Wolf genannt, das verfilzte Zeug zerzaust, die Schlag¬ 
maschine die Fasern auflockert; hier wie dort quellen sie unter der 
Krempelmaschine wie ein weißer Schaum am Wehre hervor; andere 
Maschinen bilden daraus lange lockere Stränge, wieder andere drehen 
diese zusammen und strecken sie aus, bis endlich die Feinspinn¬ 
maschine den fest zusammengedrehten Faden liefert, und zwar sorg¬ 
fältig auf Spindeln gewickelt. 
Die Zeit ist längst vorüber, wo die Chemnitzer Fabrikanten den 
Webern in der Stadt und Umgebung das Garn ins Haus lieferten, 
womöglich auch den Webstuhl aufstellten und die fertige Ware zu¬ 
rücknahmen. Heute stehen in den 3- und 4 stockigen Gebäuden in 
langen Sälen die mechanischen Webstühle, die alle von derselben 
Dampfmaschine, durch dasselbe Schwungrad vermittelst der Treibriemen 
in Bewegung gesetzt werden und rascher und sauberer arbeiten, als 
eine Menschenhand es vermag. Die alten Chemnitzer Artikel aus 
reiner Baumwolle: Kattun, Pikee, Barchent haben sich überlebt; heute 
mischt man unter die Baumwolle Seide und Wolle; in halbseidnen 
und halbwollnen Kleiderstoffen liegt jetzt die Stärke der Chemnitzer 
Industrie, und jede Jahreszeit verlangt ihre Neuheiten. Das liegt nun 
einmal so in den Geschäften, wo der Tyrann Mode herrscht. 
Wir würden aber einen Hauptzweig der Chemnitzer Baumwollen¬ 
artikel vergessen, wollten wir nicht auch der Strumpfwirkerei und der 
Strumpfstrickmaschinen gedenken, die mit ihren vielen Häkchen bald 
diesen, bald jenen Faden ergreifen, saubere Maschen bilden und auch 
das Abnehmen richtig besorgen. Sie arbeiten die Beinlänge, und 
zwar so, daß sie nicht erst zusammengenäht zu werden braucht, oder 
auch gleich den ganzen Strumpf. Die verschiedenen Erzeugnisse 
dieser Industrie sind auf bestimmte Orte in der Umgebung verteilt: 
die einen sind wirkliche Strumpforte, die andern haben sich mehr 
auf Handschuhe gelegt, die dritten auf Strickjacken, die vierten auf 
Mützen. Da aber reine Baumwollwaren — wie gesagt — gegen¬ 
wärtig zurücktreten, so ist die Bezeichnung Sächsisches Manchester 
eigentlich veraltet und hinfällig. 
2. Die erste Industrie ist heute anderer Art. Du kannst sie erraten, 
wenn du mit mir mittags 12 Uhr in der Richtung nach der Leipziger 
Straße gehen willst. Siehe, wie sich da der Menschenstrom auf beiden 
Straßenseiten heran wälzt: aus ungefähr 60 Gebäuden und großen Hof¬ 
räumen eines einzigen Geschäfts schreiten, abgesehen von dem Viertel-
	        
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