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139. Der gekreuzte Dukaten.
Bertold Auerbach.
Wenn ieh hunderttausend Taler hätte! Das hast du
vielleichi auch schon gedacht oder gesagt. Ieh nehme dür
den Hunderttausend Wunsch nicht übel; denn es ist Kkeine
schlimme Sache ums Reichsein. Das Glück aber macht es
doch nicht aus; davon kann ich eine besondere Geschichte er-
Aoe
Ein junger Mann hatte seine Hunderttausend geerbt,
und er begnügte sich auch damit. Er wollte bloß sein Geld
verzehren, arbeiten aber vwollte er nicht. Das, meinte er, sei
nur was für unbemittelte Leute. Also hatte Herr Adolf gar
bein Gecchäft als essen, trinken, schlafen, spazieren gehen
oder reiten und was ihm sonst noch einfiel. Ja, das Aus-
und duziehen war ihm viel zuviel, und er hielt sich einen
Kammerdiener. Wenn er des NMorgens erwachte, wubte er
eigentlich gar nicet, varum er aufstehen sollte; Lein Geschãft
uid Leine Freunde warteten auf lhn. Darum blieb er auch
fein liegen, bis ihm auch das zu beschwerlich war. Herr Adolt
machte dann jeden Vormitteg seinen Spaziergang, damit er
den Nachmittag für sich frei und nichts mehr zu tun habe.
Meist lag er auf dem Sofa, gühnte und rauchte. Dabei hatte
br mitinter noch seine besonderen Gedanken. Jeder NMensch,
dachte er, hat so eine Summe von Kraft mit auf die Welt be-
kommen, die für seine siebenzig Jährlein oder auch mehr aus-
reichen mub. Wenn ich also einen schweren Stubl von einem
Ort an den andern hebe, ist damit ein Stück von meiner Le—
benskraft aufgewendet und verbraueht; drum lasse ich's hübsch
bleiben. Auf solche Gedanken kann ein Nichtstuer Kommen.
Der Rerr Adolk ward aber dick und oft kränklich und mußte
seinen Leib pflegen. Das war auch noch ein Geschäft.
Das Jahr dureh ging dem Herrn Adolk manches schöne
Stũck Geld durch die Hand, und dabei hatte er die besondere
Liebhaberei, dab er bei jeder Goldmünze, die er ausgab, ein
Nleines, zierliches Kreuz unter die Nase des geprägten Herr-
chero machte. Er dachte wenig dabei, denn er hatte ja Geld
genug. Mie es andern Menschen erging, kümmerte ihn nicht,
obgleich er manchmal aus angeborener Gutmũtigkeit einem
Mmen etwas schenkte. Ich vill nur einmal sehen, dachte er,
ob nach langer Umherwanderung in der Welt mir einmal
wieder so ein Goldstück in die Hände kommen wird.