Full text: Lesebuch für die Oberklassen katholischer Volksschulen

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ein. Das Maul ist groß genug, um ein ganzes Boot samt der 
Mannschaft zu fassen. Die Augen dagegen sind kaum größer als 
die eines Rindes. Oben auf dem Kopfe befinden sich zwei Löcher, 
welche V2 Meter lang sind und die Gestalt eines 8 haben. Das 
riesenmäßige Tier gebraucht sie nicht bloß zum Atemholen, sondern 
auch, um das eingedrungene Wasser in brausenden, haushohen 
Strahlen wieder auszuspritzen. Der Gehörgang ist so eng, daß 
man kaum den kleinen Finger hineinstecken kann; der Walfisch 
kann ihn verschließen, damit das Wasser nicht hineindringe. An 
der Stelle der Zähne sitzen die Barten, das sind hornartige, am 
Oberkiefer entspringende Platten, etwa 350 auf jeder Seite des 
Rachens, die uns das Fischbein liefern; die längsten sitzen in der 
Mitte und sind etwa 4 Meter lang und 30 Centimeter breit. 
Die Zunge ist so weich, daß ein Mann, welcher sich auf sie 
niederlegen wollte, darin versinken würde. Der Schlund ist sehr 
eng; man kann gerade die geballte Faust hindurchstecken. Kleinere 
Fische und Gewürme müssen deshalb die Nahrung des Riesen 
ausmachen. 
Ein Hals läßt sich nicht wahrnehmen, sondern der Kopf sitzt 
gleich an dem runden Leibe. An diesem befinden sich in wage¬ 
rechter Lage die eiförmigen, sehr biegsamen Brustflossen, welche dem 
Tiere die Wendungen beim Schwimmen erleichtern. Das eigentliche 
Steuerruder des Tieres ist die ungeheuer große, wagerecht gestellte 
Schwanzsinne; sie ist gegen 2 Meter lang und gegen 8 Meter 
breit und besteht aus lauter knochigen Gliedern, die durch eine 
Schwimmhaut mit einander verbunden sind. In diesem Schwänze 
hat das Tier eine so gewaltige Kraft, daß es damit ein Boot 
samt der Mannschaft zerschmettern kann. Unter der zähen, aber 
sammetweichen Haut liegt eine mächtige, 20 bis 30 Centimeter 
dicke Specklage, welche den ganzen Leib umgibt,, unter dieser erst 
das grobe, faserige Fleisch. Der Rücken und die Seiten, die 
Brustflossen und die Schwanzfinne sind schwarz, der Bauch ist 
weiß oder gelblich weiß. 
Der Walfisch lebt in den kalten Meeren an Stellen, welche 
reich an kleinen Meertieren sind, bald einsam, bald in großen 
Gesellschaften. Ungeachtet seines großen, plumpen Körpers ist er 
doch sehr rasch und behende. Schneller als das geschwindeste 
Dampfschiff, fast so schnell wie ein Pfeil schießt er im Wasser 
dahin, bald wagerecht, bald nach unten, bald wieder nach oben; 
in wenigen Augenblicken entzieht er sich seinen Verfolgern. Bis¬ 
weilen stellt er sich mit dem Kopfe gerade niederwärts, hebt den 
Schwanz in die Luft und schlägt auf daö Wasser mit furchtbarer 
Gewalt. Das Getöse, welches dabei entsteht, wird bei stillem 
Wetter in großer Entfernung gehört, und die Wellenkreise, welche
	        
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