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er dabei macht, verbreiten sich stundenweit. Er geht nie ans Land,
kommt aber alle zwei bis drei Minuten an die Oberfläche, um zu
atmen; wird er durch einen furchtbaren Sturm zufällig an einen
Strand geschleudert, so muß er bald sterben.
Besäße der Walfisch ebenso viel Verstand als Kraft, so
würde nicht nur kein Boot, sondern auch kein Schiff seinen Stö¬
ßen entgehen können, und er würde der Herr des Meeres sein.
Aber er ist ein ziemlich stumpfsinniges und feiges Geschöpf. Er
sieht nur im Wasser gut und scheint nur schwach zu hören. Schon
wenn sich ein Vogel auf seine Haut seht, erschrickt er und taucht
mit größter Schnelligkeit in die Tiefe.
Man tötet den Walfisch mit einer spitzen Lanze, die mit
einem Widerhaken versehen ist und Harpune heißt. Diese schleu¬
dert ein Mann aus einem Boote mit voller Kraft in den Niesen¬
leib des Tieres. Sofort taucht der Walfisch blitzschnell in die
Tiefe, kommt aber nach einer Viertelstunde wieder an die Ober¬
fläche, um zu atmen. Dann nähert sich ihm das Boot^ zuni
zweiten Male, und eine neue Harpune verwundet ihn, so daß das
Meer sich weithin rötet und das Ungeheuer zuletzt unter mächtigen
Zuckungen verblutet. Nun schleppt man den Riesen an einem
starken Seile nach dem großen Schiffe, welches das Boot ansge¬
sandt hat; die Schiffer schneiden ihm das Fischbein aus dem Kopfe
und den Speck aus dem Leibe, kochen aus diesem in großen
Kesseln den Thran aus und füllen ihn in Tonnen; den Rumpf
überlassen sie den. Seetieren zum Fraße. Die rohen Völker des
Nordens aber essen den Speck und das Fleisch, trinken den Thran
und bauen sich aus den Rippen Hütten und Schiffe.
385. Der Steinadler.
(Friedrich v. Tschudi.)
Der Steinadler ist ein königlicher Vogel, der durch Größe
und Haltung Bewunderung erregt. Er ist ungefähr ein Meter
lang und klaftert mit ausgespannten Flügeln gegen 21/a Meter.
Der abgerundete Schwanz mißt 36 Centimeter; die zusammen¬
geschlagenen Flügelspitzen erreichen das Ende desselben nicht.
Das Männchen, gewöhnlich etwas kleiner und Heller gefärbt als
das Weibchen, ist schwarzbraun, die Befiederung der Fußwurzeln
und Schwanzdeckfedern lichtbraun, der spitzfedrige Hinterhals
rostbraun, der Schwanz an der Wurzel weiß, dann aschgrau
und schwarz gefleckt, mit breiter, schwarzer Endbinde. Je älter
der Vogel wird, desto mehr bräunt sich sein Gefieder ab. Die
Jungen sind kohlschwarz mit schmutzigweißen Federfüßen. Der
Schnabel ist hvrnblau, mit gelber Wachshaut gesäumt und 5