Full text: [Teil 3, [Schülerband]] (Teil 3, [Schülerband])

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die Heide, und der Reitersmann zieht seinen weiten Mantel zusammen, 
so eng es halt hat gehen mögen. Bübel, und wie er so hinfährt, da sieht 
er auf einmal ein Bettelmännlein kauern an einem Stein; das hat nur ein 
zerrissenes Jöppel an und zittert vor Kälte und hebt sein betrübtes Auge 
auf zum hohen Roß. Hu, und wie das der Reiter sieht, hält er sein Tier an 
und ruft zum Bettler nieder: Ja, du lieber armer Mann, was soll ich dir 
reichen? Gold und Silber hab' ich nicht, und mein Schwert kannst du 
nimmer brauchen. Wie soll ich dir helfen? — Da senkt der Bettelmann 
sein weißes Haupt nieder gegen die halbentblößte Brust und tut einen 
Seufzer. Der Reiter aber zieht sein Schwert, zieht seinen Mantel von 
den Schultern und schneidet ihn mitten auseinander. Den einen Teil des 
Qleidungsstückes läßt er hinabfallen zu dem armen, zitternden Greise: Hab' 
vorlieb damit, mein notleidender Bruder! — Den andern Teil des Mantels 
schlingt er, so gut es geht, um seinen eigenen Leib und reitet davon.“ 
3. So hatte meine Mutter erzählt und dabei mit ihrem eiskalten Herbst⸗ 
abend den schönen Hochsommertag so frostig gemacht, daß ich mich fast 
schauernd an ihr lindes Halstuch schmiegte. 
„'s ist aber noch nicht ganz aus, mein Kind,“ fuhr die Mutter fort; 
„wenn du es nun gleichwohl weißt, was der Reiter mit dem Bettler in 
der Kirche bedeutet, so weißt du's noch nicht, was weiter geschehen ist. 
Wie der Reitersmann nachher in der Nacht daheim auf seinem harten 
Polster ruhsam schläft, kommt derselbige Bettler von der Heide zu seinem 
Bett, zeigt ihm lächelnd den Mantelteil, zeigt ihm die Nägelwunden an 
den Händen und zeigt ihm sein Angesicht, das nicht mehr alt und kummer— 
voll ist, das strahlet wie die Sonnen. Derselbe Bettelmann auf der Heid' 
ist der lieb' Herrgott selber gewesen. — So, Bübel, und jetzt werden wir 
wieder anrucken.“ 
Da erhoben wir uns und stiegen den Bergwald hinan. 
4. Bis wir heimkamen, waren uns zwei Bettelleute begegnet; ich guckte 
jedem sehr genau in das Gesicht; ich hab' gemeint, es dürfte doch der liebe 
Herrgott dahinterstecken. 
Gegen Abend desselben Tages, als ich mein Sonntagskleidchen des 
sparsamen Vaters wegen schon hatte ablegen sollen und nun wieder in 
dem vielfarbigen Werktagshöslein herumlief und nur noch das völlig neue 
graue Jöppel krug, das ich nicht ablegen mochte und mir noch für den Tages— 
rest erbeten hatte, und als die Mutter auch schon lange wieder bei ihrer 
häuslichen Acbeit war, eilte ich gegen die Schafheide hinauf. Ich mußte 
die Schäflein, worunter auch ein weißes Lämmchen als mein Eigentum 
war, heim in den Stall führen. 
Wie ich aber so hinhüpfe und Steinchen schleudere und damit die 
goldenen Wendwolken treffen will, sehe ich plötzlich, daß dort am Felsen 
än alter, weißköpfiger, sehr arm gekleideter Mann kauert. Da stehe ich
	        
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