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Bauwerke, Wohnungen für Arbeiter, die hier draußen weniger Miete
zahlen als im Inneren der Stadt. Nicht lange dauerte es, da umtoste
uns der Lärm des Schlesischen Bahnhofes. Auf seinen zahlreichen
Schienensträngen rasselten lange Eisenbahnzüge blitzschnell an uns
vorüber. Nach wenigen Minuten fuhren wir in die Bahnhofshalle
ein, durch deren hochgewölbtes Glasdach die Strahlen der Morgen—
sonne nur mühsam hindurchdringen konnten.
2. Bald rollte der Zug weiter. Wir fuhren jetzt auf der Stadt⸗
bahn, die Berlin von Osten nach Westen in weitem Bogen durch—
schneidet. Die Schienen ruhen auf haushohen Gewölben, die von
dicken Mauerpfeilern getragen werden. Rechts und links von der
Bahn breitet sich ein unendliches Häusermeer aus. Trotz der Morgen⸗
frühe waren die Straßen schon belebt. Scharen von Arbeitern be—
gaben sich nach den Fabriken, Schulkinder eilten mit ihren Mappen
der Schule zu.
Auch auf der Spree, die durch Berlin fließt, und an der die
Stadtbahn eine Strecke lang hinfährt, war es bereits lebendig. Große,
mit Sand und Mauersteinen beladene Lastschiffe fuhren langsam
stromabwärts. Auf den zahlreichen Obstkähnen, die am Ufer lagen,
entwickelte sich schon ein reger Handelsverkehr. Stämmige Schiffer
ruderten lange, aus Bauholz zusammengesetzte Flöße. Dazwischen
bewegten sich in schnellerem Laufe Ruderboote und kleine Dampfer.
3. Bald sollten wir noch auf andre Weise einen Begriff von der
Größe Berlins erhalten. Unser Zug fuhr an der Zentral-Markt-
halle vorüber, der größten von den 14 Markthallen Berlins. In
diesen Gebäuden werden von früh bis abends Lebensmittel und
andre für den täglichen Bedarf notwendige Dinge feilgeboten. Allein
in der Zentral-Markthalle befinden sich gegen 1700 Verkaufsstellen.
Durch die Eisenbahn werden dieser Halle täglich Waren im Gewichte
von weit über 200 000 kg zugeführt. Wir besuchten später auch
den Zentral-⸗Vieh- und -Schlachthof, wo alles nach Berlin gebrachte
Vieh geschlachtet werden muß. Hier wurden allein im Jahre 1904
über 150 000 Rinder, 950 000 Schweine, 160 000 Kälber und
430 000 Hammel geschlachtet.
2. Das Schloß und seine Umgebung.
Unser nächstes Ziel war der mitten in der Stadt gelegene Bahn⸗
hof Friedrichstraße. Von hier aus traten wir unsre Wanderung
an. Zunächst begaben wir uns nach dem Mittelpunkte der Haupt—
stadt, dem von der Spree bespülten Königlichen Schlosse. Dieses
mächtige, von einer Kuppel überragte Bauwerk, das neben mehreren
Höfen gegen 700 Säle und Zimmer umschließt, stammt in seiner
Hirts Lesebuch. Ausg. V. III. Teil. Neubtg.