Full text: [Teil 3, [Schülerband]] (Teil 3, [Schülerband])

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„Karl, komm her. Sieh einmal da durch die Glasscheibe, Drüse! sagen 
wir. Siehst du darin die blauen, glühenden Tropfen? Was droben als 
Roheisen hineingeworfen wird, mit Kalk und Kohle wird's geläutert und 
tropft sachte nieder; drunten wird's gesammelt, und dann ist's zum Gusse 
recht. — Nachbar, mit dem Ofen stimmt etwas nicht!“ — ‚Kann sein, 's ist 
schon ein alter Herr“, meinte der lachend. Auf einmal ging ein leises Zittern 
durch den ganzen Bau. „Um Gottes willen, rettet euch!“ schrie Schwarz, 
„'s gibt ein Unglück, der Ofen stürzt!“ Schreckensbleich hatte der Vater 
sein Kind an sich gerissen und stürzte deni Ausgang zu; ihm eilten die 
andern nach. Jetzt sprangen auch die Schmelzer vom Ofen abwärts ins 
Freie. — Ein Stein kam herabgerollt, ein paar andre folgten. Nun klaffte 
ein breiter Riß durch die Ofenmauer, Glut kam hervorgeschossen, langsam 
neigte sich die eine Ofenseite und legte sich krachend nach der Mitte des 
Gießraums um. Funken stoben, glühend flossen Wogen schmelzenden 
Meitalles über den schwarzen Sand; wie in Feuer war die weite Halle 
getaucht. Gierig fraßen die Flammen am Holzwerk, hoch lohte die Feuer— 
zunge zum Gipfel des Daches empor. „Hilfe, Feuer, die Gießerei brennt!“ 
Zu helfen war da aber nicht mehr viel. Zwar warf die Dampfspritze der 
Fabrik Unmengen Wassers in das brennende Gebäude, aber nach kurzer 
Zeit brach der Dachstuhl krachend zusammen. 
5. Karl war längst heimgeschickt, um der Mutter zu sagen, daß der 
Vater unversehrt sei Auf dem Hofe standen Gruppen von Abeitern 
beieinander. „Habt ihr gesehen, wie der Fabrikherr unverwandt ins Feuer 
schaute?“ sagte der eine. „Aushalten wird er's ja,“ meinte ein andrer, 
„aber recht unpaß mag's ihm doch kommen; daß es gerade die Gießerei 
fein mußte!“ — „Von der hängt alles ab,“ warf Schwarz gedankenvoll 
ein; „hört, ich habe so eine Ahnung, daß wir Ferien bekommen.“ — „Der 
Quischer hat vorhin gesagt,“ wußte ein dritter zu erzählen, „der Herr hätte 
heute nacht nach Berlin gewollt; Lokomotiven, eiserne Brücken, und ich 
weiß nicht, was noch, würden morgen dort vergeben. Das wäre für uns 
Arbeit gewesen bis tief in den Winter hinein; daraus wird nun nichts, und 
dann die Verluste, wenn er seine Abschlüsse für die Lieferungen in nächster 
Zeit nicht einhalten kann! Das wird ein böser Winteranfang!“ 
Und richtig, als sie am Pförtnerhause vorbei heimwärts gingen, war 
ein Anschlag angeheftet. Viele Arbeiter standen davor und lasen: „Schweres 
Unglück hat die Fabrik betroffen; wir müssen feiern. Vierzehn Tage wird 
verlragsmäßig der Lohn noch gezahlt. Der Betrieb stockt, bis die Gießerei 
neu eröffnet wird, was in zehn bis zwölf Wochen erfolgen ann. Vief 
bedrückt ging Schwarz mit seinem Nachbarn heimwärts. „Daß es gerade 
dicht vorm Winter passieren mußte!“ unterbrach Schwarz das Schweigen. 
„Die Geschäfte gehen sowieso nicht zum besten, und nun noch der Schlag! 
der Herr dauert mich.“ „Und meine arme Frau“, sagte der andre, „ist
	        
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