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hof, der mit den Wohnungen der Feldarbeiter gar bald ein Dorf,
Chassala, bildete.
Unter Konrad J. und Otto J. ward der Gutsbezirk Chassala
kaiserlicher Besitz, und schon früh wurde das Dorf mit Mauern und
Gräben umgeben und in eine Stadt verwandelt. Später kam Cassel
in den Besitz des Landgrafen von Thüringen. Lange Zeit blieb es
ein unbedeutendes Landstädtchen, aber mit einem Schlage änderte sich
das Bild, als es die Residenz des ersten Landgrafen von Hessen,
Heinrichs J.. wurde. Dieser erbaute im Jahre 1277 an der Stelle der
alten Burg ein stolzes, durch Mauern und Gräben geschütztes Schloß.
Unter seiner Regierung entstand auf dem rechten Fuldaufer die Unter—
neustadt, die in jeder Beziehung von der Altstadt völlig unabhängig war.
Trotz verheerender Krankheiten blühte Cassel durch starken Zuzug
auswärtiger Handwerker und Geschäftsleute mächtig empor, und bald
waren die Mauern der Stadt zu eng geworden, um die Menge der
Einwohner zu fassen. Daher sah sich Landgraf Heinrich IL., der Eiserne,
genötigt, die Stadtgrenze weiter hinauszuschieben. Der neue Stadtteil
erhielt den Namen „Freiheit“, da der Landgraf auf eine Reihe von
Jahren die Einwohner von allen Abgaben befreite. Unter seiner
Regierung wurde auch der Bau der größten und schönsten Kirche der
Stadt, der Martinskirche, begonnen.
Eine weitere Vergrößerung erhielt Cassel unter dem Landgrafen
Karl durch die Gründung der Oberneustadt. Hier siedelten sich zahl—
reiche Franzosen an, die ihres evangelischen Glaubens wegen aus ihrer
Heimat vertrieben waren. Nach Beendigung des Siebenjährigen Krieges
ließ Landgraf Friedrich II. die alten Mauern und Festungswerke der
Stadt niederreißen. An ihrer Stelle entstanden bald neue Straßen
und prächtige Plätze, vor allem der kreisrunde Königsplatz und der
mit dem Standbilde des Landgrafen Friedrichs II. gezierte große
Friedrichsplatʒ An einer seiner Längsseiten erblickt man eine
Reihe prächtiger Gebäude, das alte und neue Schloß, das Museum
mit der Landesbibliothek, die Kriegsschule und die katholische Kirche.
Außer den beiden schon genannten Plätzen zählt Cassel noch
mehrere andere, die mit Denkmälern und meistens auch mit schönen
Anlagen geschmückt sind. Auf dem Friedrich-Wilhelmsplatz in der
Nähe des Bahnhofes erhebt sich der Löwenbrunnen, an dem die vier
wichtigsten hessischen Flüsse, Fulda, Werra, Eder und Lahn, sinnbildlich
dargestellt sind. In seiner unmittelbaren Nähe liegt der breite,
mit Linden geschmückte Ständeplatz. Auf dem Opernplatze steht das
Erzstandbild des berühmten Kapellmeisters Spohr. Auf dem Martins—
platze erhebt sich das Denkmal Philipps des Großmütigen, und auf