Full text: [Band 3, [Schülerband]] (Band 3, [Schülerband])

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dem Karlsplatze steht das viel bescheidenere Standbild des Land— 
grafen Karl. 
Bis zum Jahre 1866 war Cassel eine stille, vornehme Residenz— 
stadt und dem Gewerbfleiße sehr abgeneigt. Seit dieser Zeit aber ist 
die Stadt mächtig emporgeblüht. Sie hat sich nach allen Richtungen, 
besonders aber nach Westen hin, ausgedehnt und ist schon bei der 
Volkszählung im Jahre 1900 in die Reihe der Großstädte eingetreten. 
Zahlreiche Eisenbahnlinien münden in Cassel und machen die Stadt 
zu einem wichtigen Knotenpunkte für Handel und Verkehr. Seitdem 
die Fulda von Cassel bis Münden schiffbar gemacht worden ist, findet 
auch auf dieser ein lebhafter Verkehr von Personen und Gütern statt. 
Einen gewaltigen Aufschwung hat die Gewerbtätigkeit Cassels 
genommen. Zahlreiche große Fabriken sind hier in den letzten Jahr— 
zehnten entstanden. Die bekannteste und größte Fabrik ist die Lokomotiven⸗ 
fabrik von Henschel und Sohn, welche jährlich etwa 600 Lokomotiven 
verfertigt und über 4000 Arbeiter beschäftigt. Außerdem sind Eisen— 
bahnwagen⸗ und Maschinenfabriken, mehrere große Webereien und die 
Bodenheimsche Faßfabrik weit und breit bekannt. 
Von jeher ist Cassel durch seine Kunstsammlungen berühmt 
gewesen. Sein größter Schatz ist die Gemäldegalerie an der Schönen 
Aussicht, die etwa 1000 der herrlichsten und kostbarsten Gemälde 
enthält. Im Unterstock des Gebäudes sind zahlreiche Kunstwerke 
des Mittelalters aufgestellt. Auch das am Eingange der Karlsaue 
befindliche Marmorbad ist durch seine Bildwerke allgemein bekannt 
und hochberühmt. 
Mil Recht gilt Cassel als eine der schönsten Städte Deutschlands 
und wird darum auch alljährlich von vielen Fremden aufgesucht. Sein 
Ruhm wird noch vermehrt durch die herrliche Umgebung der Stadt, 
besonders durch de Karlsaue und die Wilhelmshöhe. Erstere ist eine 
der größten und schönsten Parkanlagen Deutschlands mit prächtigen 
Baumgruppen, zahlreichen Alleen, Reit-, Fahr— und Fußwegen, schönen 
Rasenflächen und einem kleinen See, der von Schwänen und Gondeln 
belebt ist. Eine besondere Zierde der Karlsaue bildet das prachtvoll 
gelegene Orangerieschloß, vor dem sich ein großer Rasenplatz, das 
Bowlinggreen, ausbreitet. 
Die Wilhelmshöhe aber bietet in ihrer Vereinigung von Natur 
und Kunst, durch das geschichtlich denkwürdige Schloß und vor allem 
durch ihre großartigen, weltberühmten Wasserkünste so viel Sehens— 
wertes, wie kaum ein anderer Ort in Deutschland. Darum ist auch 
die Wilhelmshöhe alljährlich für einige Zeit die Sommerresidenz der 
kaiserlichen Familie. 
Nach der Festschrift zur 75. Versammlung Deutscher Naturforscher und Arzte u. a
	        
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