Full text: [Oberstufe, [Schülerband]] (Oberstufe, [Schülerband])

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193. Der Wilde. 
Ein Kanadier, der noch Europens übertünchte Höflichkeit nicht 
kannte und ein Herz, wie Gott es ihm gegeben, von Kültur noch frei, 
im Busen fühlte, brachte, was er mit des Bogens Sehne, fern in 
Quebecks übereisten Wäldern auf der Jagd erbeutet, zum Verkaufe. 
Als er ohne schlaue Rednerkünste, so wie man ihm bot, die Felsen— 
vbögel um ein kleines neen hatte, eilt er froh mit dem geringen 
Lohne heim zu seinen tiefversteckten Horden in die Arme seiner brau— 
nen Gattin. 
Aer serne noch von seiner Hütte überfiel ihn unter freiem Himmel 
schnell der schrecklichste der Donnerstürme. Aus dem langen, raben— 
schwarzen Haare troff der Guß herab auf seinen Gürtel, und das grobe 
Haartuch seines Kleides klebte rund an seinem hagern Leibe. Schaurig 
ernd unter kaltem Regen eilete der gute, wack're Wilde in ein Haus 
as er von fern erblickte. d ach laßt mich, bis der Sturm sich 
leget,“ bat er mit der herzlichsten Gebärde den gesittet feinen Eigen— 
tümner, „Obdach hier in euerin Hause finden!“ — zWillst du, miß— 
gestalttes Ungeheuer,“ schrie ergrimmt der, Pflanzer entgegen, 
willst du, Diebsgesicht, mir aus dem Hause!“ und ergriff den schweren 
Stock im Winkel. 
Traurig schritt der ehrliche Hurone fort von dieser unwirtbaren 
Schwelle, bis durch Sturm und Guß der späte Abend ihn in seine 
friedliche Behausung und zu seiner braunen Gattin brachte. Naß und 
müde setzt er bei dem Feuer sich zu seinen nackten Kleinen nieder und 
zählte von den bunten Städtern und den Kriegern, die den Donner 
traägen, und dem Regensturm, der ihn ereilte, und der Grausamkeit 
des weißen Mannes. Schmeichelnd hingen sie an seinen Knieen, ee 
schmeichelnd sich um seinen Nacken, trockneten die langen, schwarzen 
dn n rhsuchten seine Weidmannstasche, bis sie die versproch nen 
ätze fanden. 
an Zeit darauf hatt unser Pflanzer auf der dog im Walde 
sich verikret. Über Stock und Stein, durch Thal und Bäche stieg er 
schwer auf manchen n Felsen, um sich ümzusehen nach dem Pfade, 
der ihn tief in diese Wildnis brachte. Doch 3 rin und Rufen 
war bergebens; nichts vernahm er als das hohle Echo längs den 
een Felsenwänden. Angstlich ng er bis zur zwölften 
Stunde, wo er an dem Fuß des nachsten Berges noch ein kleines, 
schwaches Licht erblickte. Furcht und Freude schlüg in seinem Herzen; 
doch et faßte Mut und nahte leise. „Wer ist draußen? r mit 
Schreckenstone eine Stimme tief her aus der e und ein Mann 
trat aus der kleinen Wohnung. „Freund, im Walde hab' ich mich 
verirret,“ sprach der Europäer, furchtsam schmeichelnd; „gönnet mir 
die Nacht hier zuzubringen, und zeigt nach der Stadt, ich werd' euch 
danken, morgen früh mir die gewissen Wegel“ „Kommt herein.“ ver— 
setzt der Unbekannte, — „wärmt euch! Noch ist Feuer in der Hütte.“ 
Und er führt ihn i das Binsenlager, schreitet finster trotzig in den 
Winkel, holt den Rest von seinem NWendmahle: Hummer, Lächs und
	        
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