101
Götz. Ist das die Meinung? Wer kein ungrischer Ochs ist, komme
mir nicht zu nah! Er soll von dieser meiner rechlen, eisernen Hand eine
solche Ohrfeige kriegen, die n Kopfweh, Zahnweh und alles Weh der Erden
aus dem Grunde kurieren soll. Sie machen sich an ihn, er schlägt den einen zu Boden
und reißt einem andern die Wehre von der Seite; sie weichen) Kommt! Kommt! Es wäre
mir angenehm, den Tapfersten unter euch kennen zu lernen.
Rat. Gebt Euch!
Götz. Mit dem Schwerte in der Hand! Wißt Ihr daß es jetzt nur an
mir läge, mich durch alle diese Hasenjäger durchzuschlagen und das weite Feld
zu gewinnen? Aber ich will Euch lehren, wie man Wort hält. Versprecht
nir ritterlich Gefängnis, und ich gebe mein Schwert weg und bin wie vorher
Euer Gefangener.
Rat. Mit dem Schwerte in der Hand wollt Ihr mit dem Kaiser rechten?
Götz. Behüte Gott! Nur mit Euch und Curer edlen Kompanie. —
Ihr könnt nach Hause gehen, gute Leute. Für die Versäumnis kriegt ihr
nichts, und zu holen ist hier nichts als Beulen.
Rat. Greift ihn! Gibt euch eure Liebe zu eurem Kaiser nicht mehr
ut?
Götz. Nicht mehr, als ihnen der Kaiser Pflaster gibt, die Wunden zu
heilen, die sich ihr Muͤt holen könnte.
Gerichtsdiener commth. Eben ruft der Türmer: Es zieht ein Trupp
von mehr als Zweihunderten nach der Stadt zu. Unversehens sind sie hinter
der Weinhöhe hervorgedrungen und drohen unsern Mauern.
Ratsherr. Wehe uns! was ist das?
Wache gommt). Franz von Sickingen hält vor dem Schlag und läßt euch
sagen: er habe gehört, wie unwürdig man an seinem Schwager bundbrüchig
rr sei, wie die Herren von Heilbronn allen Vorschub täten. Er ver—
ange Rechenschaft, sonsi wolle er dinnen einer Stunde die Stadt an vier
Ecken anzünden und sie der Plünderung preisgeben.
Götz. Braver Schwager!
Rat. Tretet ab, Götzl — Was ist zu tun?
Ratsherr. Habt Mitleid mit uns und unserer Bürgerschaft! Sickingen
ist unbändig in seinem Zorn, er ist Mann, es zu halten.
Rat. Sollen wir uns und dem Kaiser die Gerechtsame vergeben?
uutnaun Wenn wir nur Leute hätten, sie zu behaupten. So
aber könnten wir umkommen, und die Sache wäre nur de schlimmer. Wir
gewinnen im Nachgeben.
Ratsherr. Wir wollen Götzen ansprechen, für uns ein gut Wort ein—
zulegen. Mir ist's, als wenn ich die Stadt schon in Flammen sähe!
Rat. Laßt Götzen herein!
Götz. Was soll's?
Rai. Du würdest gut tun, deinen Schwager von seinem rebellischen
Vorhaben abtumahnen. Anstatt dich vom Verderben zu retten, stürzt er dich
tiefer hinein, indem er sich zu deinem Falle gesellt.
Göð tz sieht Elisabeth an der Tür; heimlich zu ihr). Geh hin' Sage ihm, er soll
unverzüglch hereinbrechen, soll hierher kommen, unur der Stadt kein Leids
tun. sich die Schurken hier widersetzen, soll er Gewalt brauchen.
Es nt mir nichts dran, umzukommen, wenn sie nur alle mit erstochen
werden
J. W. v. Goethe