Full text: [Teil 2, [Schülerband]] (Teil 2, [Schülerband])

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zuerst dem Trompeter mit Nein — und dann den Leuten, die hinter 
ihm nachkamen aus ihren guten Kanonen. Die Franzosen fielen beim 
ersten Angriff unter den Kartätschen wie Kartenmänner. Beim zweiten 
Anlauf gelangten sie, einen Obersten voran, in die bedeckte finstere 
Brücke, die über den Isonzo bis unmittelbar an das Thor der Klause 
lag. Aber unsere Landsleute hatten die Hauptbalken derselben zuvor 
halb durchhauen, was die Franzosen in der Eilfertigkeit des Sturm— 
schrittes und in dem dunklen Gange nicht bemerken konnten. Die 
Brücke brach plötzlich mit großem Krachen zusammen, und Hunderte 
stürzten mit ihren Trümmern in den Abgrund. Ungefähr zwei Drittel 
von dem feindlichen Bataillon kamen in eiliger Flucht den Berg wieder 
herab. Die übrigen führte der Isonzo aus seinem Schlunde heraus 
und ließ da, wo er wieder breit und seicht fließt, die Leichname auf 
dem Kies liegen, wie eine Katze die Mauͤs hinlegt, die sie erwürgt 
hat. Unter ihnen war auch der Oberst. 
Wir Kärntner Fuhrleuͤte lachten in die Faust, aber der französische 
General stampfte mit dem Fuße und fluchte und lugte mit seinem 
Fernrohr umher, parlierte) auch dazwischen mit seinem Adjutanten. 
Dieser wendete sich endlich zu uns deutschen Fuhrleuten und sagte in 
unserer Sprache: „Leute, wer unter euch einen Weg weiß, auf dem 
man den OÜsterreichern droben in den Rücken kommen kann, und uns 
diesen Weg führt, der bekommt diesen Beutel mit hundert Dukaten!“ 
Wir wußten wohl einen, aber wir schüttelten mit dem Kopfe. Nur 
einen unter uns blendete der gelbe Mammon, daß er den Verräter 
machte und ging. Mit dem Judas voran, setzte sich der Rest des 
französischen Bataillons, das seine gefallenen Bruder rüchen wollte, ein 
Mann hinter dem andern, in Marsch. 
Indessen arbeiteten die Üsterreicher in ihrer Klause, die von dem 
französischen Feldgeschütz doch auch Löcher bekommen haben mochte, 
munter wie Ameisen, über deren Haus ein Holzhacker gestolpert ist. 
Aber ihre Freude dauerte nicht lange.. Hinter ihnen, hoch auf der 
Felsenwand, erschienen bald ihre Feinde zum dritten Male. Zuerst 
rollten große Felfentrümmer hinab, dann folgten ganze brennende Blöcke 
nach. Zuletzt that es in der Klause einen dümpfen Knall, und plötzlich 
war darin alles totenstille wie in einem Nest von Waldbienen, die 
man mit Schwefel erstickt hat. Es mußte das Feuer in den Pulvervorrat 
der kleinen Besatzung gedrungen sein. 
Die Franzosen hielten es gar nicht der Mühe wert, sich in der 
ausgebrannten, leeren uͤnd schwarzen Klauͤse umzusehen. Sie marschierten 
voruũber, der Schanze zu, die nur eine halbe Stunde oberhalb der 
Klause lag. Die Ofsterreicher darin wurden aufgefordert, sich zu ergeben. 
Sie antworteten aber mit ihren Kanonen so, daß der französische 
General, nachdem er sich zu weit gewagt hatte, sich mit seinen Leuten 
wieder um eine Ecke des Berges zurückziehen mußte. Aber es half 
nichts. Dem Judas Ischariot wurde auch die linke Hand mit Gold 
gefüllt. Diesen Wegweiser voran, standen bald etliche hundert 
) Parlieren, sprechen, besonders: französisch sprechen. 
Engelien& Fechner, Lesebuch O. I. 
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