Full text: Deutsches Lesebuch für höhere Lehranstalten

Poesie. — Balladen und Romanzen. 
Einen heiligen Becher, gefüllt bis zum 17. Und schrieb und schrieb an weißet 
Rand; Wand 
12. Und er leert ihn hastig bis auf Buchstaben von Feuer und schrieb und 
den Grund schwand. 
Und rufet laut mit schäumendem Mund: 18. Der König stieren Blicks da sah 
13. „Jehova! dir künd' ich auf ewig Mit schlotternden Knien und dtenblaß 
Hohn: 19. Die Knechteschaar saß kalt durch 
Ich bin der König von Babylon!“ graut 
14. Doch kaum das grause Wort Und saß gar still, gab keinen Laut. 
verklang, 20. Die Magier kamen, doch keinel 
Dem König ward's heimlich im Busen bang. verstand 
15. Das gellende Lachen verstummte Zu deuten die Flammenschrift an det 
zumal; Wand. 
Es wurde leichenstill im Saal. 21. Belsazar ward aber in selbige 
16. Und sieh, und sieh, an weißer Nacht 
Wand Von seinen Knechten umgebracht. 
Da kam's hervor, wie Menschenhand 
314. H. Heine: Die Grenadiere. 
1. Nach Frankreich zogen zwei Grena⸗ Laß sie betteln gehn, wenn sie hungtis 
dier sind! 
Die waren in Rußland gefangen; Mein Kaiser, mein Kaiser gefangen“ 
Und als sie kamen ins deutsche Quartier, 6. „Gewähr' mir, Bruder! eine Bitn 
Sie ließen die Köpfe hangen. Wenn ich jetzt sterben werde, 
2. Da hörten sie beide die traurige So nimm meine Leiche nach Frankreit 
Mär, mit, 
Daß Frankreich verloren gegangen, Begrab' mich in Frankreichs Erde. 
Besiegt und zerschlagen das tapfere Heer, 7. „Das Ehrenkreuz am rothen Band 
Und der Kaiser, der Kaiser gefangen. Sollst du aufs Herz mir legen; 
3. Da weinten zusammen die Grena- Die Flinte gieb mir in die Hand, 
dier Und gürt' mir um den Degen. 
Wohl ob der kläglichen Kunde. 8. „So will ich liegen und horchen 
Der eine sprach: „Wie weh wird mir! still, 
Wie brennt meine alte Wunde!“ Wie eine Schildwach', im Grabe, 
4. Der andere sprach: „Das Lied Bis einst ich höre Kanonengebrüll 
ist aus, Und wiehernder Rosse Getrabe. 
Auch ich nbcht mit dir sterben: 9. „Dann reitet mein Kaiser woh 
0 hab ich Weib und Kind zu Haus, uber mein Grah 
Die ohne mich verderben.“ Viel Schwerter klirren und blitzen: 
5. Was schert mich Weib, was schert Dann steig' ich gewaffnet hervor aus 
mich Kind? dem Grab, 
Ich trage weit beßres Verlangen; Den Kaiser, den Kaiser zu schützen.“ 
315. 5. Heine: Lorelei. 
1. Ich weiß nicht, was soll es bedeuten, Der Gipfel des Berges funkelt 
Daß ich so traurig bin; Im Abendsonnenschein. 
Ein Märchen aus alten Zeiten, 3. Die schönste Jungfrau sitzet 
Das lonmt mir nicht aus dem Sinn. Dort oben wunderbar, 
2. Die Luft ist kühl, und es dunkelt, Ihr goldnes blitzet, 
Und ruhig fließt der Rhein; Sie kämmt ihr goldenes Haar. 
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