456
waren geschlagen, alle Stämme des deutschen Volkes hatten in edlem
Wetteifer Siegeslorbeeren sich erworben. Überall war der Feind zurück—
gedrän⸗, aus den festen Stellungen vertrieben. Eine Armee unter dem
Marchall Mae Mahon war vom Kronprinzen Friedrich Wilhelm auf—
gerieben worden, eine zweite unter Bazaine wurde vom Prinzen Friedrich
Karl in Metz festgehalten. Nun zog Kaiser Napoleon selbst mit einer
dritten langsam von Chalons her heran, um dem in Metz eingeschlossenen
Bazaine Entsatz zu bringen. Diese wurde auf dem Marsche von den vor—
dringenden Deutschen bei Sedan angegriffen und nach blutigem Ringen
zur Ergebung gezwungen. Es war die gewaltigste Schlacht des ganzen
Krieges.
Die deutsche Armee war am Abend des 31. August und am
1. September früh in den vorgeschriebenen Stellungen angelangt; sie
stand rings um Sedan. Der Kampf begann trotz dichten Nebels schon
am Morgen, und es entspann sich nach und nach ein sehr hitziges Ge—
fecht, wobei in den Dörfern Haus für Haus genommen werden mußte.
Als dann von den umliegenden Höhen her die Artillerie in den Kampf
mit eingriff und der Donner der Geschütze mit dem Knattern der Ge—
wehre sich mischte, wurden die Dörfer genommen. Obwohl tief ein—
geschnittene Schluchten mit Wäldern das Vordringen erschwerten und die
Verteidigung begünstigten, so gewann die deutsche Infanterie doch mehr
und mehr Terrain, und immer enger zog sich der Feuerkreis um Sedan
zurück. Allmählich fing der heftige Widerstand des Feindes an nach—
zulassen. Unaufhaltsam wälzten sich die Massen der Flüchtigen gegen
Sedan zurück, Verwundete und Unverwundete drängten sich auf allen
Wegen nach der Festung; aanze Bataillone gehorchten den Befehlen ihrer
Führer nicht mehr; Trupys herrenloser Pferde rannten erschreckt umher
und erhöhten die Verwirrurg, und in dieses entsetzliche Durcheinander
schlugen unaufhörlich von allen Seiten die deutschen Granaten und
brachten überallhin Schrecken, Merwundung und Tod.
Jetzt hielt der französische Oberbefehlshaber die Zeit für gekommen,
wo die bis dahin in Reserbe gehaltene Kavallerie zur Attacke vorgehen
sollte. Er erteilte dem General Gallifet den Befehl, alles, was er vom
Feinde vor sich fände, niederzureiten und dann die Gegner von der
Flanke her aufzurollen. Der tapfere General — er wußte wohl, es war
der Todesritt — besann sich nicht lange, setzte sich an die Spitze der
Regimenter, und weit klang seine helle Stimme über die Reihen der
afrikanischen Jäger, als er ihnen zurief: „Vorwärts denn, ihr tapferen
Afrikaner, vorwärts!“
Der Sturm brach los. Fünf leichte Kavallerie-Regimenter, die
Lanzenreiter und die stolzen Kürassiere versuchten durch die Wucht ihres