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in dem Hause sind! Das Pulver zischt auf, — ein ungeheurer Knall
geschieht; ein Feuermeer umschlingt in einem Augenblicke das Ganze.
Die Mauern bersten; Dach und Balken, Geräte und Menschen fliegen
zerriffen durch die Luft. Eine große Wolke von Dampf umhüllt die
schauerliche Scene der Zerstörung, und nachdem sie sich verzogen, ist nichts
mehr von der Pulvermühle zu sehen. Nur ein Haufen Trümmer und
berbrannte Leichen bezeichnen die Stelle, an der sie stand. Es bedarf
auch nicht einmal des Sandkorns, um eine Entzündung zu bewirken. Die
Kohlen find so feuriger Natur, daß sie sich erhitzen, wenn sie in Haufen
aufeinander liegen. Wegen der großen Gefaͤhr, die fortwährend unheimlich
über der Pulvermühle schwebt, baute man sie so weit hinweg von allen
anderen Wohnungen der Menschen und erlaubt es keinem, sie zu besuchen.
Auch die Häuschen, in denen man das fertige Schießpulver aufbewahrt,
sind stets entfernt von allen anderen. Man pflegt gewöhnlich durch
Blitzableiter den Blitz von ihnen abzulenken und durch Schildwachen, die
bei ihnen aufgestellt sind, dem Anzünden durch unvorsichtige Menschen
vorzubeugen. Trotzdem ist aber schon durch Pulvermassen, die Feuer
fingen, großes Unglück geschehen; ja ganze Städte sind schon auf diese
Weise grüßlich zerstört worden und Tauͤsende von Menschen dadurch ums
Leben gekommen.
So furchtbar sich aber auch das Schießpulver zeigt, wenn es aus
der Kanone die Kugel schleudert und im Kriege unzählbare Menschenleben
fordert, Festungen zertrümmert und das Glück so vieler Familien begräbt,
so wird es doch in der Hand verständiger und guter Leute ein gewaltiges,
bielleicht das kräftigste von allen Mitteln, um Hindernisse wegzuräumen.
In einem Augenblicke zersprengt das Pulver den riesenhaften Felsen, und
Nine Trümmer stürzen rings umher, während viele Menschen mehrere
Monate lang hätten arbeiten müssen, um ihn zu beseitigen. Das Pulver
hilft dem Steinbrecher und dem Bergmanne bei ihrer sauren Arbeit. Es
löst die Steine im Nu vom Felsen, so wie sie es wünschen. Es ist der
treue Freund des Menschen, der nach fernen Ländern zieht, um dort sein
Haus sich aufzurichten und sein Feld zu bauen. Wölfe und Bären be—
wohnten bisher als Herren den wilden Wald; Löwen und Tiger pflegten
hier zu jagen. Sie nahen brüllend und heulend dem Hause des Menschen,
uͤm ihn dafür zu strafen, daß er in ihr Gebiet sich kühn gewagt. Der
Mensch ist ein schwaches Geschöpf diesen Tieren gegenüber. Ein einziger
Schlag der Löwentatze, ein Biß des Tigers vermag ihn zu töten. Da
hilft hm ein wenig Pulver. Der bedrängte Mensch ladet mit Pulver
uͤnd Kugel seine Büchse. Nicht weit vor ihm legt der Löwe sich schon
zum Sprunge bereit. Er ahnt nicht, welch treuer Freund dem Menschen
zur Seite steht. Ein leichter Druck des Fingers genügt, und die Kugel
shwirrt mit der Schnelle des Gedankens in des Löwen Stirn. Zer⸗
schmettert sinkt der Tiere König, besiegt durch ein wenig Pulver.
So furchtbar die Zerstörungen auch sind, welche durch das Schieß⸗
pulver angerichtet werden, wenn es in die Hände leichtsinniger, unvor—
sichtiger oder böser Menschen gerät, so segenoͤreich zeigt es sich, wenn es
mit Verstand benutzt wird. Wagner.
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