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Nun mußt du mich auch recht versteh'n, So sagen sie: „Auf Wiederseh'n!
Ja recht versteh'n: Auf Wiedersehn!“
Wenn Menschen auseinander geh'n, Feuchtersleben.
Es zieht ein stiller Engel
Durch dieses Erdenland,
Zum Trost für Erdenmängel
Hat ihn der Herr gesandt.
In seinem Blick ist Frieden
Und milde, sanfte Huld;
O folg ihm stets hienieden,
Dem Engel der Geduld!
Er führt dich immer treulich
Durch alles Erdenleid,
Und redet so erfreulich
Von einer schönern Zeit.
Denn willst du ganz verzagen,
Hat er doch guten Mum
Er hilft das Kreuz dir tragen,
Und macht noch alles gut.
143. Geduld.
Er macht zu linder Wehmuth
Den herbsten Seelenschnierz,
Und taucht in stille Demuth
Das ungestüme Herz.
Er macht die finst're Stunde
Allmählich wieder hell,
Er heilet jede Wunde
Gewiß, wenn auch nicht schnell.
Er zürnt nicht deinen Thränen,
Wenn er dich trösten will;
Er tadelt nicht dein Sehnen,
Nur macht er's fromm und still.
Und wenn im Sturmestoben
Du murrend fragst: warum?
So deutet er nach oben,
Mild lächelnd, aber stumm.
Er hat für jede Frage
Nicht Antwort gleich bereit,
Sein Wahlspruch heißt: Ertrage,
Die Ruhstatt ist nicht weit!
So geht er dir zur Seite,
Und redet gar nicht viel,
Und denkt nur in die Weite,
An's schöne, große Ziel.
Spitta.
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Winter.
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ie ruhest du so stille
In deiner weißen Hülle,
Du mütterliches Land!
Wo sind des Frühlings Lieder,
Des Sommers bunt Gefieder,
Und dein beblümtes Festgewand?
Du schlummerst nun entkleidet;
Kein Lamm, kein Schäflein weidet
Auf deinen Au'n und Höh'n.
Der Vöglein Lied verstͤmmet,
Und keine Biene summet;
Doch bist du auch im Winter schön.
144 VRinlerlied.
Die Zweig' und Aestlein schimmern,
Und lausend Lichter flimmern,
Wohin das n blickt.
Wer hat dein Bett bereitet,
Die Decken ausgebreitet,
Und dich so schön mit Reif geschmückt?
Der gute Vater droben
Hat dir dein Kleid gewoben;
Er schläft und schlummert nicht.
So schlumm're denn in Frieden!
Der Vater weckt die Müden
Zu neuer Kraft, zu neuem Licht.