Full text: Deutsches Lesebuch für die Oberstufe mehrklassiger Schulen

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Das Bäumlein spricht mit Trauern: 
Mein Glas liegt in dem Staub, 
Die andern Bäume dauern 
Mit ihrem grünen Laub; 
Wenn ich mir noch was wünschen soll, 
Wünsch' ich mir grüne Blätter wol. 
Da schlief das Bäumlein wieder ein, 
Und wieder früh ist's aufgewacht, 
Da hatt' es grüne Blätter fein; 
Das Bäumlein lacht, 
Und spricht: Nun hab ich doch Blätter auch, 
Daß ich mich nicht zu schämen brauch'. 
Da kommt mit vollem Euter 
Die alte Geiß gesprungen; 
Sie sucht sich Gras und Kräuter 
Für ihre Jungen; 
Sie sieht das Laub und fragt nicht viel, 
Sie frißt es ab mit Stumpf und Stiel. 
Da war das Bäumlein wieder leer; 
Es sprach nun zu sich selber: 
Ich begehre nun keiner Blätter mehr, 
Weder grüner,' noch rother, noch gelber! 
Hätt' ich nur meine Nadeln, 
Ich wollte sie nicht tadeln. 
Und traurig schlief das Bäumlein ein, 
Und traurig ist cs aufgewacht; 
Da besieht es sich im Sonnenschein 
Und lacht und lacht! 
Alle Bäume lachen's aus, 
Das Bäumlein macht sich aber nichts 
draus. 
Warum hat's Bäumlein denn gelacht, 
Und warum denn seine Kameraden? 
Es hat bekommen in einer Nacht 
Wieder alle seine Nadeln, 
Daß jedermann es sehen kann; 
Geh 'naus, sieh's selbst, doch rühr's 
nicht an. 
Warum denn nicht? 
Weil's sticht. Friedr. RLckert. 
113. Lied von den grünen Sommervöglein. 
1. Es kamen grüne Bögelein 
Geflogen her vom Himmel 
Und setzten sich im Sonnenschein 
In fröhlichem Gewimmel 
All' an des Baumes Äste 
Und saßen da so feste, 
Als ob sie angewachsen sei'n. 
2. Sie schaukelten in Lüften lau 
Auf ihren schwanken Zweigen; 
Sic aßen Licht und tranken Thau 
Und wollten auch nicht schweigen; 
Sie sangen leise, leise 
Auf ihre stille Weise 
Von Sonnenschein und Himmelblau. 
3. Wenn Wetternacht auf Wolken saß, 
So schwirrten sie erschrocken; 
Sie wurden von dem Regen naß 
Und wurden wieder trocken; 
Die Tropfen rannen nieder 
Vom grünenden Gefieder, 
Und desto grüner wurde das. 
4. Da kam am Tag der scharfe Strahl, 
Ihr grünes Kleid zu sengen, 
Und nächtlich kam der Frost einmal, 
Mit Reif es zu besprengen. 
Die armen Böglein froren, 
Ihr Frohsinn war verloren, 
Ihr grünes Kleid war bunt und fahl. 
5. Da trat ein starker Mann zum Baum 
Und hub an, ihn zu schütteln, 
Vom obern bis zum untern Raum 
I Mit Schauer zu durchrütteln: 
Die bunten Böglein girrten 
Und aus einander schwirrten, 
Wohin sie flogen, weiß man kaum. 
Friedr Rückert, 
114. Sprichwörtliche Redensarten. 
1. Sein Schäfchen aufs Trockene bringen. 2. Fünf gerade sein 
lassen. 3. Den Bock zum Gärtner machen. 4. Mit der Thüre ins 
Haus fallen. 5. Die Pferde hinter den Wagen spannen. 6. Einem ein 
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