Hände gefaltet und fest zusammengepreßt, während die beiden jüngeren
Knaben mit der großen Angorakatze spielten. Fritz, der älteste, aber
hielt den quer vor der Tür liegenden zottigen Haushund bei den
Ohren fest, als er bei einem Anklopfen an die Tür knurrend auf¬
springen wollte, und sagte begütigend: „Sei nur still. Voll, ich
leid's nicht, daß sie dich verkaufen."
Vorsichtig über den Hund wegschreitend, trat Stephan, der Rats¬
diener, herein, ein gutmütiger Alter, der früher oft mit freund¬
lichem Bücklinge Herrn Hermann die Tür des Ratssaales geöffnet
hatte, und sagte mitleidig: „Herr Senator, den Lehnsessel soll ich holen."
Da wandte Herr Hermann den Blick und sprach seufzend: „Ach,
das ist das Härteste; doch dein Wille, o Gott, geschehe!" Es war
der mit grünem Sammet bezogene Lehnsessel des seligen alten Herrn,
worin er sanft verschieden war, nachdem er noch den väterlichen
Segen erteilt hatte, ein bis dahin unberührtes Heiligtum im Hause.
Der Sessel wurde hinausgetragen, und ihm folgte die ganze
Familie nach, als könne sie sich nicht davon trennen, Fritz mit
dem Voll voraus. Der Ausklopfer rief: „Nummer 120, ein noch
wohl erhaltener Lehnsessel, mit Sammet beschlagen!" Eine lange
Pause folgte, da sich alle Blicke nach der jammernden Familie ge¬
wandt hatten. Endlich rief ein dicker Fleischer mit schnarrender
Stimme: „Vier Mark!" „Also vier Mark zum ersten," rief der
Ausklopfer mißmutig. In diesem Augenblick riß sich der Hund von
Fritz los und sprang wie besessen, freudig bellend, vors Haus, und
zugleich rief eine starke Baßstimme zum offenstehenden Fenster herein:
„Vierzig Mark zum ersten!" Augenblicks darauf trat hastig ein
Mann in Schiffertracht, mit sonnenverbranntem Gesicht, ins Zimmer,
begleitet vom wedelnden Voll, und wiederholte mit Donnerstimme:
„Vierhundert Mark zum andern, zum dritten und letzten!" und schlug
mit seinem spanischen Rohre auf den Tisch, daß des Ausklopfers
Papiere umherflogen und die ganze Menge zusammenschrak.
„Herr Gott, unser Jansen!" rief Herr Hermann und fiel ihm
um den Hals. Der aber fuhr fort: „Ja, ich bin's. Unser Schiff
liegt voll Goldbarren und Waren im Hafen. Aus ist die Ver¬
steigerung. Nun fort, ihr alle!" Dabei schwenkte er das Rohr über
den Köpfen hin. „Morgen kommt aufs Rathaus, da soll alles samt
Zinsen bezahlt werden; denn wissen sollt ihr: Unser Herrgott lebt
noch, unser gutes Haus steht noch, und die Firma Gnu. van Steen
blüht noch! Und nun seid erst freudig gegrüßt in der Heimat, mein
Herr Hermann und Frau Elisabeth, von eurem alten Jansen!"
Gotthilf Heinrich v. Schubert nach Karl Barth.