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11. Tiefeinsamkeit, es schlingt um deine Pforte
die Erika das rote Band.
Von Menschen leer, was braucht es noch der Worte,
sei mir gegrübt, du stilles Land!
Detlev von LUiliencron.
195. Das Bergische Land und seine Industrio.
1. Unser Zug hat die gewaltige Bahnhofshalle des Cõlner Haupt-
bahnhofs verlassen und fährt polternd über die Rheinbrücke. Durch
das Eisengittor schauen wir hinab auf den schiffbelebten Strom
und seine Ufeèr. Bald umgibt uns das freie Feld, und der Cõlner Dom
verschwindet immer mehr in nebliger Ferne. In Mülheim nimmt der
Zug noch zahblreiche Fahrgäste auf, dann geht die Fahrt in ziemlich
einförmiger, ja stellenweise fast öder Gegend weiter. Nach links
breitet sich die Rheinebene aus, rechts begleiten uns in einiger
Entfernung waldige Höhen. Manchmal fahren wir durch Heide,
die von dem Purpurkleide des Heidekrauts überzogen ist. Aber
allmählich ändert sich das Gepräge der Landschaft. Nördlich von
Ohligs durchfahren wir ein anmutiges Hügelland, die westliche Ab-
dachung der Bergischen Höben. Liebliche Talmulden, von grünen
Wiesen geschmückt und von Mckern nach der Höhe zu umrandet,
wechseln mit sanft gerundeten Höhen, die hier und da noch Wald-
schmuck tragen. Die kleinen Wasseräderchen streben alle dem
Rheine zu. Bergiger wird das Land, reicher sein Waldschmuck.
Die letzten Stationen waren gewerbreiche Ortschaften.
2. Plötzlich biegen wir ostwärts in ein gröberes Tal ein. Tief
unter uns glänzt ein dunkles Gewässer, neben uns ragen hohe,
waldbewachsene Bergwände auf. Wir befinden uns im engen Tale
der Wupper. Häuser drängen sich in das Bild, und hochragende
Schornsteine wetteifern mit den Talwänden an Höhe. Die Wupper
fliebt fast verborgen zwischen den Fabriken dahin, die links und
rechts an ihrem Ufer erwuchsen. Über dem Flub zieht sich ein eigen-
tümliches Bauwerk hin, ein Eisengerüst, das auf schrägstehenden,
hohen eisernen Trägern ruht und in schlangenartigen Biegungen
dem Laufe des Flusses folgt. Plötzlich sehen wir, wie in der Ferne
ein grober Gegenstand unter dem Eisengerüste dahinhuscht. Er
kommt näher, wir erkennen ihn deutlicher; es ist ein Wagen,
gebaut wie die Wagen der elektrischen Bahnen, voll besetzt mit
Menschen, die eine wirkliche Luftreise machen. Nicht lange dauert's,
und es folgt ein zweiter Wagen, ebenso mit Fahrgästen besetzt.