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ab an Klippen und Stromschnellen reichen Nils abzuschneiden, und müssen
daher die von dem Fluß teilweise umschlossene Wüste durchziehen.
Es ist um die Mittagszeit. Die Sonne steht fast senkrecht über dem
Zelt an dem wolkenlosen, tiefblauen Himmel, und ihre sengenden Strahlen
werden durch die Wedel der Palmen kaum gehindert. Drückende Glut
liegt auf der Ebene zwischen Strom und Wüste.
2. Ein Reiterzug, von der Wüste her kommend, taucht am Rande
des Gesichtskreises auf und wendet sich geradeswegs dem Zelte zu. Dunkel—
braune, in lange, weite Burnusse gehüllte Männer steigen, unter den
Palmen angelangt, von ihren magern, jedoch nicht unedlen Pferden.
Einer von ihnen nähert sich dem Zelte und tritt mit der Würde eines
Königs ein. Es ist der Scheich, das Oberhaupt der Kameltreiber. Ihm
haben die Reisenden Botschaft gesandt, um sich durch seine Hilfe mit den
erforderlichen Führern, Treibern und Kamelen zu versehen. Nach langem
Handeln wird man mit ihm einig. Am andern Morgen will er Männer,
Tiere und Schläuche senden.
Alle Vorbereitungen für die Wüstenreise hat nun der Führer der
Karawane zileiten. Er kennt die Wüste wie der Schiffer das Meer.
In jeder Oase, an jedem Brunnen der Reisestrecke ist er daheim; in
dem Zelte jedes Beduinenhäuptlings ist er willkommen. Er versteht allerlei
Mittel gegen die Beschwerden und Gefahren des Rittes anzugeben, er
vermag Schlangenbisse und Skorpionenstiche unschädlich zu machen und
führt die Waffen des Kriegers wie die des Jägers mit gleicher Geschick—
lichkeit; er ist mit einem Worte das unentbehrliche Haupt des vielglied—
rigen Körpers, der die Wüste durchwandert.
3. Um die Zeit des Morgengebetes tritt der Führer vor Reisende
und Treiber, um zu verkünden, daß es jetzt Zeit zum Aufbruch sei. Nach
verschiedenen Seiten hin stürmen die braunen Männer, um ihre Kamele
einzufangen, herbeizuholen, zu belasten. Nur mit Widerstreben gehorchen
die Tiere, denen eine Reihe schwerer Tage in grellen Farben vor der
Seele zu stehen scheint. Brüllend, kreischend, stöhnend lassen sie sich,
durch unnachahmliche Gurgellaute ihrer Herren und einige gelinde Peitschen—
hiebe aufgefordert, auf die zusammengezogenen Beine nieder. Brüllend
fügen sie sich darein, die ihnen zugedachte Last auf den höckerigen Rücken
zu nehmen. Brüllend erheben sie sich wieder, nachdem sie befrachtet sind.
Nicht wenige versuchen, sich durch Schlagen und Beißen der Belastung
zu erwehren, und es gehört in der Tat die unerschöpfliche Geduld ihrer
Treiber dazu, um so widerhaarige Geschöpfe zu bändigen. Sobald alle
Tragtiere ihre Last erhalten haben, treten sie ihre Wanderung an.