seiner Kirschen recht süß und rosig gebraten hat. Denn der LKirsch—
baum will es, daß seine Uirschen von Spatzen und Menschen und
anderen Räubern verspeist werden, die die harten Steine ausspucken
und so in weitere Ferne verbreiten als er selbst, der an seinem
Wohnort festgewachsene, es durch bloßes Fallenlassen der Kirschen
tun könnte. Und manche Palmen gehn noch weiter, indem sie
verlangen, daß die Tiere, die sie mit ihren Früchten speisen, die
Kerne verschlucken und ihnen in ihrem Innern die feuchte Wärme
zuteil werden lassen, die erforderlich ist, damit sich die Keimkraft
der Samen entwickele. Die Verbreitung der Muskatnuß beruht
darauf, daß ihre Kerne von gewissen Taubenarten verschlungen
werden, und die Samen der Mistel werden von den Vögeln, welche
die Mistelbeeren genießen, nicht nur verbreitet, sondern auch in die
Kronen der Bäume getragen, wo allein die junge Mistelpflanze ihren
richtigen Standort findet. Ceistung und Gegenleistung!
Das großartigste Kapitel aber in der Geschichte der Handels—
politik der Pflanzen und Tiere sind die von Darwin selbst be—
gonnenen und in neuerer Feit so glänzend weitergeführten Studien
über die Befruchtung der Pflanzen. Unerschöpflich in ihrer Mannig—
faltigkeit und Eigenart sind die hier aufgedeckten Hilfsmittel der
Reklame, des lauteren und unlauteren Wettbewerbes, der schlauen
Schutzmaßregeln gegen eine Vorspiegelung falscher Tatsachen, der
Barzahlung nach empfangener Leistung. Die Blume duftet in
die Welt hinaus: „Ich habe Honig zu verkaufen!“ Die Biene
meldet sich als Käufer. „Spazieren Sie nur herein,“ sagt die Blume,
„aber drücken Sie gefälligst auf den Hebel, der aus meinem Schlunde
heraushängt, dann wird sich die Tür meiner Nektarien öffnen!“
Die Biene drückt. „Danke schön,“ sagt die Blume, „Sie haben mir
einen wesentlichen Dienst erwiesen, als Entschädigung dürfen Sie
ein Milligramm Nektar schlürfen!“ Die Biene schlürft. „Guten
Morgen,“ sagt die Blume, „geben Sie mir bald wieder die Ehre!“
Wohl handelt es sich bei solchen Geschäften in Wald und Wiese
um das Dasein beider Teile. Die Biene muß Honig schlürfen,
wenn sie nicht verhungern will, und die Blume will befruchtet
werden, wenn ihre Art nicht aussterben soll. Aber wo ist da, so
frage ich, der Kampf aufs Messer, bei dem einer zugrunde gehen
muß, um dem anderen Platz zu machen ? Raum für alle hat die
Erde, für die Biene und die Blume. So kommen denn Biene und
Blume zueinander als gewiegte Naufleute und machen miteinander
ein Geschäft, bei dem jeder seine Rechnung findet.
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