Full text: [Abtheilung 1, [Schülerband]] (Abtheilung 1, [Schülerband])

158 
Die Glocken tonen zmn erstenmal 
vom neuen Thurme mit klagendem Ton'. 
Wem gilt der traurige Glockenschall? 
Er gilt dem Vater und seinem Sohn. 
Der Tod hat die Liebenden nimmer geschieden. 
Sie ruhen zusammen vereinet in Frieden. 
127. Kindesdank. 
Ein Fürst traf auf einem Spazierritte einen fleißigen 
und frohen Landmann bei dem Ackergeschäfte an und ließ 
sich mit ihm in ein Gespräch ein. Nach einigen Fragen 
erfuhr er, daß der Mann den Acker nicht als Eigenthum 
hatte, sondern als Taglöhner um fünfzehn Kreuzer arbeitete. 
Der Fürst, der für sein schweres Regierungsgeschäft freilich 
mehr Geld brauchte und zu verzehren hatte, konnte es in 
der Geschwindigkeit nicht ausrechnen, wie es möglich sei, 
täglich mit fünfzehn Kreuzern auszureichen und noch so 
frohen Muthes dabei zu sein, und verwunderte sich darüber. 
Aber der brave Mann im Zwilchrocke erwiederte ihm: „Es 
wäre mir übel gefehlt, wenn ich so viel brauchte; mir 
muß ein Drittheil davon genügen. Mit einem Drittheil 
zahle ich Schulden ab, und das übrige Drittheil lege ich 
auf Kapital an." Das war dem guten Fürsten ein neues 
Räthsel. Aber der fröhliche Landmann fuhr fort und 
sagte: „Ich theile meinen Verdienst mit meinen armen 
Eltern, die nicht mehr arbeiten können, und mit meinen 
Kindern, die erst lernen müßen; jenen vergelte ich die 
Liebe, die sie mir in meiner Kindheit erwiesen haben, und 
von diesen hoffe ich, daß sie mich einst in meinem müden 
Alter auch nicht verlaßen werden." War das nicht gut 
gesagt und noch besser und edler gedacht und gehandelt? 
Der Fürst belohnte die Rechtschaffenheit des Mannes und 
sorgte für seine Söhne; der Segen aber, den dem Wackern 
seine sterbenden Eltern gaben, wurde ihm von seinen 
dankbaren Kindern durch Liebe und Unterstützung redlich 
zu Theil. 
128. Liebe zur Mutter. 
Auf der zu Dänemark gehörigen Insel Seeland ist 
ein kleiner See, Merom genannt, in dessen blauen Wellen
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.