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zwei Blüthchen, die in Einem Kelche brüderlich beisammen wohnen.
Der Kelch besleht aus zwei schmalen, spitzen Blättchen welche den
VNamen Kelchspelzen tragen und die Hülle bilden für die eigentliche
Blüthe, die das Körnlein umschleßt, wederum us zwei Blättchen
zusammengesetzt und von blaßgruner Farbe ist.
Wie hat sich nun aber das Kötnlein gebildet, woher ist es ge—
kommen? Siehe da hangen drei gelbe Beutelchen aus der Bluthe
heraus, an gaͤnz feinen, dunnen Fäden befestigt. In diesen kleinen
Beuteln stecken, wie in einem Kasichen, viel tausend Körnchen eines
außerordentlich feinen Staubmehles, Blüthenstaub genanit. Wehl
nun ein frischer Wind über das Kornfeld, daß es aussieht, als wären
es grüne Wasserwogen, die auf- und niederwallen, so fallt das Slaub
mehl auf ein andres Körperchen, das gerade in der Mitte der beiden
Staubfäden steht und oben eine Narbe hat, die mit einer hübschen
Federkrone geziert snn Diese Narbe empfängt den zarten Blüthenstaͤub
und führt ihn durch den kurzen, hohlen Griffel bis zum Fruchtknoten
hinab der inem Haarschopfe gleicht Sobals das Samenmehl ihn be⸗
rührt, schwillt er auf; er rundet sich wird inmer fester und bereitet im
Innern zweier Häutchen jenes kostbare Mehl, das wir im Brode ver
Peisen. So ist aus dem in die Erde gepflanzten Samenkorne ein
diesem ganz gleiches erzeugt; aber aus dem einen, das gesäet wurde,
hat der Segen Gottes hundert gemacht.
3. ist das Roggenkörnlein ein Segen des Himmels zu nennen;
denn was wollten wir und l⸗ Menschen, die mit uns in der nörd
lichen gemäßigten Zone wohnen, anfangen, wenn uns das Roggenbrod
genommen wuͤrde? — Das Roggenbrod ist eine gesunde Haus manns
kost, die man jeden Tag mit gleicher Lust verzehrt; es bleibt uns der
liebe Freund, zu dem wir immer wieder zuruckkehren und dessen wir
nie überdrüssig werden. In der Gestalt des Blodes fassen wir den
ganzen leiblichen Segen zusammen; darum beten wir auch im Varen—
unser; Unser täglich Brod gieb uns heutel!
Wie die heißen Länder reichlich gesegnet sind mit einem Korne,
das du zuweilen in der Suppe genießen nämlich mit dem Reis, und
die warmen Ander ein mdres nahrhaftes Korn, den Ma is hervor—
bringen so die fruchtbaren fetten Landstriche der gemäßigten Zone den
Weizen. Aber wo auch diefer nicht mehr wachsen will, weil ihm der
Boden zu mager, die Lust zu rauh und kalt da gedeiht noch reff
lich der Roggen, der selbst auf die hohen Gebirge seig, ohne Sehen
vor Wetter und Wind und ohne zu leiden vom Frofle des nordischen
Winters. Darum ist er auch ein so kräftiges und sarkes Gewãchs
Sein Stroh ist das beste unter allen Geneidearten und auhält felber
noch manchen Nahrungsstoff Wie mnanchem Thiere it schon das Leben
halten worden durch die ockenen Halme des Roggenkörnleinsi
Wie manches Pferd müßte nach shwerer Tagesarbel hungrig im Slall⸗
stehen, wenn der Hächsel ihm nicht die Kre fulltel vVas Roggen⸗
stroh speiset die Thiere ind armnet se auch denn es legt sich als
bequemes Bett ihnen unter die Fuße damm se darauf ausruhen und
Wärme sammeln, wie der Mensch in den Ferbetten sich awarnn
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