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118. Miedrich der Weise.
Friedrich der Weise war der älteste Sohn des Kurfürsten Ernst
und wurde 1463 zu Torgau geboren. Schon im 24. Jahre seines
Lebens mußte er die Zügel der Regierung ergreifen, und sie ruhten
in guten und sichern Händen. Nichts that er, ohne seinen Bruder
Johann gehört zu haben. Beide Brüder lebten miteinander in innig⸗
fler Eintracht und Liebe. Keine Mißgunst, keine Überhebung, keine
Herrschsucht störte das brüderliche Verhältnis. Sie bewohnten zu⸗
sammen ein Schloß
und waren einander
so zugethan, daß keiner
einen Diener wählte
ohne Zustimmung des
andern. Aber nicht
bloß seinem Bruder,
sondern auch allen
seinen Unterthanen
schlug Friedrichs Herz
in innigster Liebe ent⸗
gegen. Streng sah er
darauf, daß niemand
unrecht geschah. Vor
allem schmückte ihn
auch die Tugend der
Sparsamkeit, und er
rief seinen Dienern
nicht selten zu:
„Sammelt die übrigen
Brocken, daß nichts
umkomme!“ Jeden Tag
prüfte er vor dem
Schlafengehen die
Rechnungen über seine Friedrich der Weise
Ausgaben und strich
moanchen Posten, der ihm zu hoch schien. Wer mit Betrug und Lüge
Umging, war ihm vethaßt und es dauerte oft sehr lange, ehe ein
solcher sich sein Vertrauen wieder erwerben konnte.
Ein Mann von solchen vorzüglichen Eigenschaften wurde in ganz
Deutschland geehrt, und dies zeigte sich recht deutlich im Jahre 1519.
Der deutsche Kaiser Maximilian war mit Tode abgegangen, und die
sieben Kur- oder Wahlfürsten beabsichtigten, Friedrich den Weisen zum
Kaiser zu wählen.
Allein der bescheidene und kluge Fürst sprach: „Ich bin ein alter
Mann, laßt mich in Frieden mein Sachsenland regieren. Auf dem