Full text: Mit 42 Abbildungen (Teil 2 = (4. und 5. Schuljahr))

mit Räderwerk und Gewichten herzustellen, in Deutschland nach und nach 
Eingang fand. Im vierzehnten Jahrhundert hat ein Deutscher, Heinrich 
von Wyk, für den französischen König Karl V. eine Uhr angefertigt, die nach 
200 Jahren in der Bartholomäusnacht durch ihren dumpfen Schlag das Zeichen 
zum Beginn der sogenannten Pariser Bluthochzeit gab. Vielleicht ist diese 
Uhr die erste in Deutschland verfertigte Schlaguhr gewesen, die übrigens 
bis zum Ende des achtzehnten Jahrhunderts gegangen ist. Man sieht, es 
ist bei uns nur langsam mit der Uhrenkunst vorwärts gegangen. Als die 
deutschen Mechaniker aber erst selbst den Wert der Zeit einsahen und das 
Volk mit ihnen, da brütete mancher kluge Kopf über dem Räderwerke der 
Uhren, um diese immer vollkommener herzustellen. — Es gibt noch eine 
alte Räderuhr im Germanischen Museum in Nürnberg, um 1400 gearbeitet, 
die sehr gut erhalten ist. Sie befand sich früher im Turmgemache von 
St. Sebaldus und diente dazu, den Türmer zu wecken. Turmuhren waren 
etwas sehr Teures. Nur sehr reiche Städte entschlossen sich, Tausende von 
Talern dafür auszugeben, und viele Menschen wünschten sich ihr ganzes Leben 
lang eine Uhr, ohne sie zu erhalten. 
Im fünfzehnten Jahrhundert waren die öffentlichen Turmuhren schon 
sehr verbreitet, besonders in Italien und England. Deutsche Künstler ver— 
vollkommneten diese nützliche Erfindung durch merkwürdige Zutaten, wie 
z. B. die Bezeichnung des Laufes der Gestirne, der Festtage des Kalenders, 
Glockenspiele usv. Ein großes derartiges Uhrwerk befindet sich im Straß— 
burger Münster. Die erste Turmuhr dort stammte aus dem Jahre 1362. 
Als sie den Dienst versagte, kam die astronomische Uhr von Isaak und Josias 
Habrecht 1574 zur Aufstellung, und als auch dieses Werk seine Tätigkeit 
dauernd eingestellt hatte, kam die von Schwilgué 1838—42 gebaute Uhr 
in Gang. Außer mancherlei astronomischen Angaben beleben viele bewegliche 
Figuren das Werk; so erscheinen z. B. die zwölf Apostel bei jedem vollen Stun— 
denschlage; ein Hahn kräht mittags und schlägt mit den Flügeln, u. m. oögl. 
5. Geschickte Mechaniker dachten darüber nach, ob sie nicht kleinere, 
weniger kostspielige Uhren anfertigen könnten, und Peter Heinlein, ein 
Nürnberger Schlosser, ist der erste gewesen, der um das Jahr 1500 ein 
so kleines Uhrwerk erfand, daß man es bequem mit sich führen konnte. 
Teuer waren die Nürnberger Eierlein, wie die Uhren genannt wurden, aller— 
dings noch; aber man konnte sie doch kaufen und bei sich tragen. Fleißig 
machten sich die Nürnberger „Orlemacher“ (von hora — Stunde) an die 
Arbeit, und bald zogen die kostbaren Uhren in die ganze Welt hinaus, nicht 
allein in Eierform, sondern auch als Kreuze, Armbänder, Spazierstockknöpfe, 
als Ring- und Degenschmuck, und jeder, der nur etwas auf sich gab, wollte 
ein Nürnberger Eilein besitzen.
	        
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