Full text: Mit 44 Abbildungen (Teil 2 = (4. und 5. Schuljahr), [Schülerband])

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Hausmutter einen steifen Brei kochen mußte, daß der Löffel darin stand. 
Dann gab er ihr Bericht von dem guten Erfolg seines Geschäftes. „Deine 
Vettern“, sprach er, „sind gar rechtliche Leute; sie haben mir nicht meine 
Armut vorgerückt, haben mich nicht verkannt oder mich schimpflich vor 
der Tür abgewiesen, sondern mich freundlich beherbergt, Herz und Hand 
mir eröffnet und hundert bare Taler vorschußweise auf den Tisch gezählt.“ 
Da fiel dem guten Weibe ein schwerer Stein vom Herzen, der sie lange 
gedrückt hatte. „Wären wir“, sagte sie, „eher vor die rechte Schmiede 
gegangen, so hätten wir uns manchen Kummer ersparen können.“ Hierauf 
rühmte sie ihre Freundschaft, zu der sie sich vorher so wenig Gutes versehen 
hatte, und tat recht stolz auf die reichen Vettern. 
Der Mann ließ ihr nach so vielen Drangsalen gern die Freude, die 
ihrer Eitelkeit so schmeichelhaft war. Da sie aber nicht aufhörte, von 
den reichen Vettern zu kosen und das viele Tage so antrieb, wurde Veit 
des Lobposaunens der Geizdrachen satt und müde und sprach zum 
Weibe: „Als ich vor der rechten Schmiede war, weißt du, was mir der 
Meister Schmied für eine weise Lehre gab?“ Sie sprach: „Welche ?“ 
„Jeder“, sagte er, „sei seines Glückes Schmied, und man müsse das Eisen 
schmieden, weil's heiß sei; darum laß uns nun die Hände rühren und 
unserm Beruf fleißig obliegen, daß wir was vor uns bringen, in drei 
Jahren den Vorschuß nebst den Zinsen abzahlen können und aller Schuld 
quitt und ledig seien.“ Drauf kaufte er einen Acker und einen Heuschlag, 
dann wieder einen und noch einen, dann eine ganze Hufe; es war ein 
Segen in Rübezahls Gelde, als wenn ein Hecktaler darunter wäre. Veit 
säete und erntete und galt bald für einen wohlhabenden Mann im Dorfe. 
Im dritten Sommer hatte er schon zu seiner Hufe ein Herrengut ge— 
pachtet, das ihm reichen Gewinn brachte; kurz, er war ein Mann, dem 
alles, was er tat, zum guten Glück gedieh. 
4. Der Zahlungstermin kam nun heran, und Veit hatte so viel erübrigt, 
daß er ohne Beschwerde seine Schuld abtragen konnte; er legte das Geld 
zurecht, und auf den bestimmten Tag war er früh auf, weckte das Weib 
und hieß sie die Kinder waschen und kämmen und ihre Sonntagskleider 
anziehen, auch die neuen Schuhe und die scharlachenen Mieder und Brust— 
tücher, die sie noch nicht auf den Leib gebracht hatten. Er selbst holte 
seinen Gottestischrock herbei und rief zum Fenster hinaus: „Hans, spann 
an!“ — „Mann, was hast du vor?“ fragte die Frau, „es ist heute 
weder Feiertag noch ein Kirchweihfest, was macht dich so guten Mutes, 
und wo gedenkst du uns hinzuführen?“ Er antwortete: Ich will mit 
euch die reichen Vettern jenseit des Gebirges besuchen und dem Gläubiger, 
der mir durch seinen Vorschub wieder aufgeholfen hat, Schuld und Zins
	        
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