Full text: [Teil 2 = Oberstufe, [Schülerbd.]] (Teil 2 = Oberstufe, [Schülerband])

234 
sich dazu ein. Heitere und schaurige Geschichten wurden erzählt, schöne 
Volkslieder wurden gesungen, allerlei Spiele und Späße wurden getrieben. 
Am nächsten Abend traf man sich bei der Nachbarin, am dritten wieder 
irgendwo anders. So ging während des Winters die Reihe um. Manche 
Strähne Garn wurde gesponnen. Daraus ließen die Bauernfrauen vom 
Weber Leinwand bereiten. Das Weben besorgen jetzt große Fabriken in 
Bielefeld. 
6. Eine schöne Aussicht auf die Leinenstadt gewährt der nahe Sparen— 
berg mit seiner alten Burg. Der Blick schweift von dort aus über das 
Häusermeer der Stadt mit seinen Dächern, Türmen und qualmenden Fabrik— 
schloten. Von den zahlreichen Bleichen leuchtet die weiße Leinwand herauf. 
In der Ferne aber sieht man die friedlich daliegenden Bauernhöfe des 
Spinnländchens. Alfred Kodantke. 
222. Auf Westfalens Heide. 
Kinder, die Heide blüht!“ sagte der Vater, indem er von der 
Zeitung aufsah, „ich habe es eben gelesen. Morgen ist Sonntag. Wie 
wäre es mit einer Heidewanderung? Habt ihr nicht Lust dazu?“ — „O ja, 
lieber Vater,“ fiel Helene ein und eilte zum Vater, „laß uns wandern, 
ich möchte gern einmal die Heide sehen.“ Otto legte den Federhalter hin 
und kam auch heran. „Ich möchte auch mit, Vater!“ bat er. „Wenn du 
tüchtig laufen kannst?“ — „Das kann ich.“ — „Nun gut,“ brach der Vater 
das Gespräch ab, „macht eure Schularbeiten fertig, morgen wird gewandert.“ 
So geschah es. Wir fuhren von Gelsenkirchen bis Haltern. Gleich 
hinterm Bahnhof bogen wir in einen sandigen Fahrweg ein. Zu beiden 
Seiten breiteten sich Getreide- und Kartoffelfelder aus, die nur eine spär— 
liche Ernte versprachen. 
2. Bald sahen wir vor uns die Heide, endlos weit und breit. Ein 
rosenroter Schimmer lag darüber, der von den vielen Millionen roten 
Glöckchen ausging, die in Reihen an den grauen Stengeln blühten. „O 
wie schön!“ riefen wir aus. Langsam schritten wir durch die rote Blüten— 
pracht. Das trockene Heidekraut fegte die staubigen Schuhe blank. Hier 
und da standen dunkle Wacholderbüsche mit scharfen Nadeln und blauen 
Beeren. Von weitem sahen sie wie ernste Männer aus. Verkrüppelte 
Kiefern, die nicht wagten, ihre Hälse zu recken, mischten sich unter sie. Ab 
und zu begegneten wir einem Birkenbäumchen mit weißem Stamme und 
lichtgrünen Blättern. Wie freundliche Jungfrauen standen sie inmitten der 
rotbraunen Heide. Heiß brannte die Sonne auf uns nieder. Die ver— 
streuten Kiefern und Birken gewährten keinen Schutz. Der Vater wischte
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.