Full text: (Für das 4. und 5. Schuljahr) (Teil 2, [Schülerband])

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9. Und d'unten isch sie! Bhüt di Gott! 
Der Guhl, wo uffem Chilchturn stoht, 
het no nit gnueg, er bschaut sie no. 
Du Wundervitz, was gafsch denn so? 
Was gilts, sie tuet der bald derfür 
und zieht e roten Umhang für! 
9. Da ist sie weg! Behüt' dich Gott! 
Der Hahn am Kirchturm, seht, wie rot! 
Er guckt ihr noch ins Haus hinein. 
Du Naseweis, so laß das sein! — 
Da hat er es! In guter Ruh' 
zieht sie den roten Vorhang zu. 
10. Sie duuret ein, di gueti Frau, 
sie het ihr redli Huschrütz au. 
Sie lebt gwiß mittem Ma nit guet, 
und chunnt sie heim, nimmt er si Huet, 
und was i sag, jez chunnt er bald, 
dört sitzt er scho im Fohrewald. 
10. Die gute Frau, wie schade drum! 
ihr Hauskreuz trägt sie auch herum. 
Sie lebt mit ihrem Mann nicht gut; 
kommt sie nach Haus, nimmt er den Hut. 
Paßt auf, paßt auf! Jetzt kommt er bald 
da sitzt er schon im Fichtenwald. 
11. Er macht so lang, was tribt er echt? 
Me meint schier gar, er trau nit recht. 
Chum numme, sie isch nümme do, 
g wird alles si, se schloft sie scho. 
Jez stoht er uf und luegt ins Tal, 
und 's Möhnli grüeßt en überal. 
11. Er macht so lang, der närr'sche Wicht 
es scheint, er traut dem Frieden nicht. 
So komm! Sie ist ja nicht mehr da! 
Ein Augenblick, dann schläft sie ja. 
Jetzt steht er auf und schaut ins Tal, 
da grüßt der Frosch ihn überall. 
12. Denk wohl, mer göhn jez au ins Bett, 
und wer kei Dorn im Gwisse het, 
der bruucht zum Schlofen au kei Lied; 
me wird vom Schaffe selber müed; 
und öbbe hemmer Schöchli gmacht, 
drum gebis Gott e gueti Nacht! 
Johann Peter Hebel. 
12. Ich denl', wir gehen auch ins Nest! 
Wen sein Gewissen ruhig läßt, 
schläft sicher ein auch ohne Lied, 
die Arbeit macht von selber müd. 
So manches ist doch heut' vollbracht; 
Gott geb' uns eine gute Nacht. 
Hochdeutsch von Robert Reinick. 
308. Rätsel. 
Vom Himmel fällt's wie gleißend Gold, 
die Welt erhelll's und macht sie hold, 
hernieder sprüht's auf Berg und Tal, 
da grünt's und blüht's bald überall. 
Im Bächlein flimmert's auf jeder Well', 
durch Blättlein schimmert's goldig hell, 
die Wänglein malt's mit rosigem Schein, 
im Auglein strahlt's gleich Demantstein. 
Doch kaum gedacht, 
da kam die at 
hat aller Pracht ein End' gemacht. 
Was kann das sein? 
Rudolf Vogel. 
309. Erntezeit. 
1. Der Juli neigt sich seinem Ende zu, und gelb und immer 
gelber wogen die Kornfelder im warmen Sommerwind. Das ist ein 
geheimnisvolles Wispern und Flüstern, und die Menschen kommen
	        
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