Full text: [Teil 3 = 4. Schuljahr, [Schülerband]] (Teil 3 = 4. Schuljahr, [Schülerband])

1900 
161. Die immelshrieflein. Sophle Reinhelmer. 
sWar einmal vor Weihnachten. Das Chrisstkind oben im Himmel 
hatte wieder einmal ganz schrecklich viel zu tun; denn es lag 
schon ein ganzer Berg von Wunschbrieflein da, die die Menschen 
unten auf der Erde geschrieben hatten, und mit jeder Himmelspost 
langten noch neue an. Der alte Petrus, der an der Himmelstur stand, 
brummte jedesmal ganz gewaltig und wollte schon gar hkeine mehr 
imn den Himmel hereinlassen. Eben war wieder eine neue Ladung 
eingetroffen. Seufzend nahmen die Englein all' die groben und kleinen 
Brieflein auf und schleppten sie in den groben Himmelssaal hinein 
Mitten in dem großen Himmelssaale stand das Christkind. Es 
hatte ein langes, himmelblaues Gewand an, und auf dem Kopfe trug 
es ein Krönlein von bleinen, grünen Tannenspitzen; oben über der 
Stirne aber glanzte ein grober, goldener Stern. Ringsum auf weiben 
Wolkenbanken saben viele hundert Englein, die schrieben eifrig in 
grobe Bucherr Alles, was das Chrisstiind den Menschen unten auf 
der Erde zu Neihnachten bringen wollte, und alles, was es dafur 
noch zu tun und zu besorgen gab, das schrieben die Englein in ihre 
Bucher. Als nun die anderen Englein mit den vielen, vielen neu 
angekommenen Briefen kamen, da erschraken die schreibenden Engel 
gar sehr. Zornig warfen sie ihre goldenen Federn weg und riefen 
Nein, das ist denn doch zu argl“ Und das Chrisstkind setzte sich 
ganz müde auf eine Wolkenbank, stutzte den Kopf in die Hand und 
sagte: Ach, ich sehe schon, ich werde nicht fertig verden, und venn 
ihr, meine lieben Englein, mir noch so viel helft. Der Weibnachts 
mann hat gerade genug zu tun. Vißt ihr denn gar niemand, 
der uns noch helfen bönnte?“ 
„Njal“ machte ein kleiner Engel, das ist eine dumme Geschichte! 
Ich wubte schon jemand, — aber — „Na, wen denn?“ riefen alle 
zugleich. „Nja!“ machte das Englein wieder, „das will ich euch 
sagen. Ich dachte an die vielen, vielen Kinder, die da unten auf 
der Erde sind. Die laufen den ganzen Tag da herum und spielen 
— man kanns ja vom Himmel hier oben deutlich sehen. Ei, wenn 
sie so viel Zeit haben, warum können sie uns denn nicht ein wenig 
helfen bei unserer vielen Arbeit?“ Hm!“ machten die Englein rings 
im Kreise und sahen das Chrisstkind an, was das wohl zu diesem 
Vorschlag meine. Ei, sien — das Christkind sah auf einmal ganz 
vergnügt aus Es erhob sieh von seiner Wolkenbank, trat zu dem 
kleinen Engel hin, streichelte den goldenen Lockenkopf und sagte: 
„Ieh danke dir, mein liebes Englein; du hast ganz recht, die Kinder 
sollen uns helfen. Wir wollen sie recht schön bitten darum.“
	        
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