Steins politisches Testament.
43-
gegeben. Die Städte sind mündig erklärt und andere minder wichtige Bande,
die nur einzelnen nützen und dadurch die Vaterlandsliebe lähmten, sind gelöset-
Wird das, was bis jetzt geschah, mit Festigkeit aufrecht erhalten, so sind nur
wenige Hauptschritte noch übrig. Ich nehme mir die Freiheit, sie Ihnen einzeln
aufzuzählen, nicht um Ihre Handlungen dadurch zu leiten, denn Ihre Einsicht
und Patriotismus bedürfen keiner Leitung, sondern um Ihnen zur Beurteilung
meiner Handlungen und Absichten einen Maßstab zu geben.
1. Regierung kann nur von der höchsten Gewalt ausgehen.
Sobald das Recht, die Handlungen eines Mituntertans zu bestimmen und zu
leiten, mit einem Grundstücke ererbt oder erkauft werden kann, verliert die höchste
Gewalt ihre Würde und im gekränkten Untertan wird die Anhänglichkeit an
den Staat geschwächt. Nur der König sei Herr, insofern diese Benennung die
Polizeigewalt bezeichnet, und sein Recht übe nur der aus, dem er es jedesmal
überträgt . . .
2. Derjenige, der Recht sprechen soll, hänge nur von der höchsten
Gewalt ab. Wenn diese einen Untertanen nötigt, da Recht zu suchen, wo der
Richter vom Gegner abhängt, dann schwächt sie selbst den Glauben an ein un¬
erschütterliches Recht, zerstört die Meinung von ihrer hohen Würde und den
Sinn für ihre unverletzbare Heiligkeit. Die Aufhebung der Patrimonial-
Jurisdiktion ist bereits eingeleitet.
3. Die Erbuntertänigkeit ist vernichtet. Es bestehen aber noch in
einigen Gegenden Gesindeordnungen, welche die Freiheit des Volkes lähmen. . .
Es bedarf meiner Ansicht nach keiner neuen Gesindeordnungen, sondern nur der
Aufhebung der vorhandenen. Das. was das allgemeine Landrecht über das
Gesindewesen festsetzt, scheint mir durchaus zureichend.
In diesen dreien Sätzen ist die Freiheit der Untertanen, ihr Recht und
ihre Treue gegen den König gegründet. Alle Bestimmungen, die hiervon aus¬
gehen, können nur Gutes wirken. Das nächste Beförderungsmittel scheint
4. Eine allgemeine Nationalrepräsentation. Heilig war mir und
bleibe uns das Recht und die Gewalt unsres Königs. Aber damit dieses Recht
und diese unumschränkte Gewalt das Gute wirken kann, was in ihr liegt, schien
es mir notwendig der höchsten Gewalt ein Mittel zu geben, wodurch sie die
Wünsche des Volks kennen lernen und ihren Bestimmungen Leben geben kann»
Wenn dem Volke alle Teilnahme an den Operationen des Staates entzogen wird,
wenn man ihm sogar die Verwaltung seiner Kommunalangelegenheiten entzieht,
kommt es bald dahin, die Regierung teils gleichgültig teils in einzelnen Fällen
in Opposition mit sich zu betrachten. Daher ist der Widerstreit oder wenigstens
Mangel an gutem Willen bei Aufopferung für die Existenz des Staats. Wo
Repräsentation des Volks unter uns bisher stattfand, war sie höchst unvoll¬
kommen eingerichtet. Mein Plan war daher, jeder aktive Staatsbürger, er besitze
100 Hufen oder eine, er treibe Landwirtschaft oder Fabrikation oder Handel, er
habe ein bürgerliches Gewerbe oder sei durch geistige Bande an den Staat ge-