Full text: [Teil 4 = 4. Schuljahr, [Schülerband]] (Teil 4 = 4. Schuljahr, [Schülerband])

— 5 — 
3. Geologische Verhältnisse. Auch geologisch zerfällt Europa in 
drei Provinzen. Das jüngste Gebiet ist Süd^europa oOer die Mittel¬ 
meerzone, der die drei großen Halbinseln des S, das Alpen- und Karpaten- 
gebiet angeboren. Sie hat erst in tertiärer Zeit ihre heutige Gestalt erhalten. 
Für sie sind die jugendlichen Faltengebirge der Pyrenäen, Alpen, des Apennin 
u. s. w. ebenso charakteristisch wie die wechselvollen Tiefenverhältnisse des 
Einbruchsgebiets des Mittelmeers; die ununterbrochenen Veränderungen an 
der Erdoberfläche der mediterranen Provinz zeigen, daß die geologischen Kräfte 
heute noch an der weiteren Modellierung des Gebiets arbeiten. Die Halb- 
inseln und Inseln des. Gebiets sind Höhenreste versunkener Festlandsschollen. 
Die Meerenge von Gibraltar und die Untiefen zwischen ©teilten und Afrika 
waren einst 'Landengen, die das Festland Europa mit Afrika verbanden. Die 
Inseln des ägäischen Meeres sind Einbruchsreste einer Landverbindung zwischen 
dem Peloponnes und Kleinasien. — 
Nördlich von der Mittelmeerzone befindet sich das n o r d e u r o p ä i s ch e 
Schollenland, ein ungleich älteres Gebiet. In ihm ist die faltende Tätig- 
keit der Erdrinde schon in der Steinkohlenzeit zur Ruhe gekommen. Seitdem 
haben nur die Atmosphärilien und zahlreiche Bruchversenkungen das orographische 
Aussehen des Schollenlandes verändert. Die Folge davon ist, daß die Höhen- 
differenzen lange nicht so groß sind als wie in der mittelmeerischen Zone. 
Höchstens treten Mittelgebirge auf, die mit ihren sanften Wellenlinien und ihren 
schön gerundeten, waldgeschmückten Landschaftsformen wesentlich zu den energischen 
Linienführungen alpiner Gebiete kontrastieren. 
Das nordeuropäische Schollenland zerfällt wieder in zwei Gebiete. West- 
lich von der Weichsel liegt n. vom mittelmeerischen Gebiete als das jüngere 
Gebiet das n ord westeuro päis ch e Sch ollen l and. Die drei alten paläo- 
zoischen Faltengebirge, das variscische (ein altes Parallelgebirge zu den 
heutigen Alpen' im Bereiche des w. Frankreichs und des s. und mittleren 
Deutschlands), das arm o ri kan is ch e im w. Frankreich und sw. England und 
das kaledonische im n. Schottland und w. Skandinavien, sind im Laufe 
der Jahrmillionen allmählich zu Rumpfgebirgen abgetragen worden, die nur 
in mesozoischer Zeit von Meeresüberflutungen, im Tertiär aber vielfach von 
Einbrüchen der Erdrinde betroffen wurden, sodaß die heutigen Gebirge vielfach 
nur als Horstgebirge über ihre Umgebung emporragen. 
Noch älter als das nordwefteuropäische Schollenland ist die russisch- 
skandinavische Platte ö. der Weichsel. Sie bildet ein riesiges, starres, 
seit archäischer Zeit von keiner Faltung mehr betroffenes, flachwelliges Tafelland, 
dessen landschaftliche Einförmigkeit noch dadurch erhöht wird, daß auch Ein- 
brüche der Erdrinde nur in geringem Maße vorkommen. Nur die Stellen, 
wo sich die Wasserscheiden herausgebildet haben, ragen orographisch etwas über 
die Umgebung hervor (Waldaihöhe). 
Die Kulturentwicklung Europas wurde durch die natürlichen 
Verhältnisse des Erdteils wesentlich gefördert. Seine günstige Lage inmitten 
der Landhalbkugel brachte ihn naturgemäß in vielseitige Beziehungen zu andern 
Erdteilen. Die reiche und vielgestaltige Gliederung erhöht die Zugänglichfeit 
des Erdteils bis in seine zentralen Gebiete. Schon früh mußte diese Gestaltung 
die europäischen Völker auf das länderverbindende Meer hinweisen. Die 
B o d e n g e st a l tu n g zeigt wie bei keinem andern Erdteil ein Durch- 
einander greifen aller Hauptformen der Bodenbildung. Keine 
hohen Gebirge schließen das Innere von den Küsten ab; keine innern Hochländer 
trennen die Glieder von dem Rumpf des Erdteils. Das wegsame Mittelgebirge 
ist vorherrschend, und auch das zentrale Hochgebirge ist reich an Längs- und 
Quertälern und setzt weder durch seine Höhe noch durch seine räumliche Aus- 
dehnung den« Verkehr unübersteigliche Hindernisse entgegen. Daher konnte sich 
auch die Kultur der Mittelmeerländer über ganz Europa ausbreiten und zu 
einer europäischen Kultur entwickeln, welche durch die Lage des Erdteils 
und infolgedessen durch Völkerzuzug namentlich aus dem O. her vor Erstarrung 
bewahrt wurde. Begünstigt wurden diese Wanderungen der Völker durch das 
mitten durch Europa in ostwestlicher Richtung sich hinziehende Tiefland. —
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.