390 Neudeutsche Literatur.
Da meine Bibeln und mein Gebetbuch sind fast alles, was ich noch
habe; aber haltet es nicht gering, Kinder! Es war in meinem schweren Leben
nir lausendmal Trost und Erquickung. Lasset Gottes Wort euch euren Trost
sein, Kinder! und eure Freude; und liebet einander, und helfet und rathet
einander, so lang ihr leben werdet; und seid aufrichtig, treu, liebreich und
gefällig gegen alle Menschen, so wird's euch wohlgehen im Leben.
Und Du, Rudi! behalte dem Betheli die größere, und dem Rudeli die
kleinere Bibel; und dem Kleinen die zwei Betbücher zum Angedenken von mir.
Ach, Dir habe ich keines, Rudi! Aber Du hast keines nöthig: Du
vergissest meiner nicht.
Dann ruft sie noch einmal dem Rudeli; gib mir Deine Hand Du
Lieber! Gelt, Du nimmst doch niemand nichts mehr?
Nein doch auch, Großmulter! glaub' mir's doch auch! ich werde gewiß
niemand nichts nehmen, sagte der Rudeli mit heißen Thränen.
Nun ich will Dir's glauben, und zu Gott für Dich beten, sagte die
Mutter.
Und dann sagte sie bald darauf: Siehe doch sorgfältig zum Betheli,
Rudi! es ist wieder so flüssig. Halte die Kinder doch immer rein mit Wa⸗
schen und Strehlen, und suche ihnen doch alle Jahre Ehrenpreis und Hollun—
der, ihr Geblut zu verbessern; sie sind so verderbt. Wenn Du's immer kannst,
so thue doch ihnen eine Geiß zu den Sommer durch, das Betheli kann sie
jett hüten — Du dauerst mich, daß Du so alleine bist; aber fasse Muth,
und thue, was Du kannst. Der Verdienst an dem Kirchbau erleichtert Dich
jetzt auch wieder. — Ich danke Gott auch für dieses.
7. Peter Hebel.
. 12b. Lehrb. C. 845)
1. Abendlied. Jetzt, Brüder, gute Nacht!
Wenn man aus dem Wirthshaus geht. Der Mond am Himmel wacht;
Jeht schwingen wir den Hut, Und wacht er nicht, so schläft er noch;
Der Wein, der war so gut. Wir finden Weg und Hausthür doch,
Der Kaiser trinkt Burgunder Wein, Und schlafen aus in Frieden,
Der schönste Junker schenkt ihm ein, Ja Frieden.
Und schmeckt ihm doch nicht besser,
ö e e 2. Wächterruf.
(Aus den Allemannischen Gedichten)
Der Wirth, der ist bezahlt, Loset, was i euch will sage!
Und keine Kreide malt D' Glocke het Zehni gischlage.
Den Namen an die Kammerthür Jez betet und iez göhnt ins Bett,
Und hinten dran die Schuldgebühr. Und wer e ruhig Gwisse het,
Der Gast darf wieder kommen, Schlof sanft und wohl, im Himmel wacht
Ja kommen. E heiter Aug' die ganzi Nacht.
Und wer sein Gläslein trinkt, Loset, was i euch will sage!
Ein lustig Liedlein singt D' Glocke het Oelft g'schlage!
In Frieden und mit Sittsamkeit, Und wer no an der Arbeit schwißt,
Und geht nach Haus zu rechter Zeit, Und wer no bi der Charte sitzt,
Der Gast darf wiederkehren, Dem bieti iez zum letztemol,
Mit Ehren. s isch hochi zit — und schlofet wohl!