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„Ost und West mag uns bedrohen, 
Wenn die Feuerzeichen lohen, 
Stehen wir zum Sturm bereit.“ 
Fürwahr, nichts vermag die Gemüter der Bevölkerung in den Grenz— 
marken mehr zu beruhigen, als der Anblick solcher Verteidigungsmittel. 
Diese Truppenmassen: endlose Artillerie, schneidige Kavallerie, kampf— 
begeisterte Infanterie, in der Luft elegante Flugzeuge, der jubelnd begrüßte 
Zeppelin, der in majestätischer Fahrt zum Zerstörungswerke auszieht, — alles 
drängt allen die volle Ueberzeugung auf: „Lieb Vaterland magst ruhig sein!“ 
Angenehm berührt das väterlich-freundliche Verhältnis der Offiziere 
zu den Mannschaften. Wo in der Hitze einer ermattet zusammensinkt, da 
sind die Vorgesetzten sofort mit Sorgfalt beschäftigt, dem Kranken jede Er— 
leichterung zu bringen. Ist der Mann noch marschfähig, so wird das Gepäck 
bald aufgeladen — und er folgt erleichtert nach. Solcher Truppe kann der 
Sieg nicht fehlen, — und die günstigen Nachrichten kommen, wenn auch heiß 
ersehnt, doch nicht unerwartet. 
Grafen in ‚Zeilschr. f. d. ländl. Fortbildungsschulwesen“, Berlin. 
8. Reichstagseröffnung. 
Als am 1. August der Telegraph den lang erwarteten, den er— 
lösenden Ruf in alle deutschen Lande trug: Mobilmachung! — da 
erging gleichzeitig die Aufforderung des Kaisers an den Reichstag, 
sich am 4. August in Berlin zu versammeln. Eröffnung um 1 Uhr 
im Schloß durch den Kaiser in eigener Person, erste Sitzung um 3 Uhr. 
Mein Amt brachte es mit sich, daß ich im Schloß und im Reichs— 
tagsgebãäude dabei sein konnte. Unvergleichliche, unvergeßliche Stunden 
habe ich da erlebt, und von ihnen will ich den Lesern erzählen. 
Kriegszeit — auf allen Straßen, an allen Eisenbahnen lauert 
Verrat und Tücke. Da ist auch in dem Schloß, wo der Kaiser und 
seine höchsten Ratgeber sich versammeln, erhöhte Vorsicht Pflicht. Auf 
der Treppe zum weißen Saal steht ein riesenhafter Lakai, der auch die 
Träger goldgestickter Uniformen höflich, aber bestimmt auffordert, sich 
durch Vorzeigung der Einladung auszuweisen. Nur wer sie hat, 
darf hinauf. 
An der Langseite des weißen Saales, in den durch die hohen 
Fenster das Sonnenlicht und von oben der Schein zahlloser elek— 
trischer Lampen flutet, steht auf drei Stufen der Thron des Kaisers. 
Ihm gegenüber versammeln sich die Mitglieder des Reichstages, alte 
und junge Männer, die meisten im bürgerlichen Gewande, viele in 
der Uniform der Reserve- und Landwehroffiziere. Links vom Thron 
begrüßt gerade der Reichskanzler den Feldmarschall v. d. Goltz, dort 
stehen auch der Kriegsminister v. Falkenhayn, der Generaloberst 
v. Moltke, der Neffe des Schlachtendenkers und jetzt Chef des General— 
stabes wie sein großer Oheim 1870, und Admiral v. Tirpitz, der Organi⸗ 
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