Full text: Sammlung deutscher Gedichte für Schule und Haus

Legenden. 
269. Legende vom Hnufeisen. 
Als noch, verkannt und sehr gering, 
Unser Herr auf der Erde ging 
Und viele Jünger sich zu ihm fanden, 
Die sehr selten sein Wort verstanden, 
z Liebt' er sich gar über die Maßen 
Seinen Hof zu halten auf der Straßen, 
Weil unter des Himmels Angesicht 
Man immer besser und freier spricht. 
Er ließ sie da die höchsten Lehren 
10 Aus seinem heiligen Munde hören; 
Besonders durch Gleichnis und Exempel 
Macht' er einen jeden Markt zum Tempel. 
So schlender! er in Geistes Ruh' 
Mit ihnen einst einem Städtchen zu, 
15 Sah etwas blinken auf der Straß, 
Das ein zerbrochen Hufeisen was. 
Er sagte zu Sankt Peter drauf: 
„Heb doch einmal das Eisen auf!“ 
Sankt Peter war nicht aufgeräumt; 
20 Er hatte soeben im Gehen geträumt 
So was vom Regiment der Welt, 
Was einem jeden wohlgefällt: 
Denn im Kopf hat das keine Schranken; 
Das waren so seine liebsten Gedanken. 
25 Nun war der Fund ihm viel zu klein, 
Hätte müssen Kron' und Scepter sein; 
Aber wie sollt' er seinen Rücken 
Nach einem halben Hufeisen bücken? 
Er also sich zur Seite kehrt 
30 Und tut, als hätt' er's nicht gehört. 
Der Herr nach seiner Langmut drauf 
Hebt selber das Hufeisen auf 
Und tut auch weiter nicht dergleichen. 
Als sie nun bald die Stadt erreichen,
	        
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