Full text: Auswahl deutscher Dichtungen aus dem Mittelalter

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9. Walther von der Vogelweide. 
( um 1228) 
Deutschlands Lob. 
Sprechen sollt ihr: „Schön will- Daß ihm wohlgefallen 
kommen!“ Wollte fremde Sitte 
Der euch Neues bringet, das bin Nun, was hülf' es mir, wenn ich 
ich. mit Unrecht stritte? 
Alles, was ihr habt vernommen, Deutsche Art geht doch vor allen. 
Das ist ganz ein Wind; nun fraget Von der Elbe bis zum Rhein 
mich. Und zurück bis an der Ungarn Land 
Dank sollt ihr erzeigen; Mögen wohl die Besten sein, 
Wird mein Lohn auch gut, Die ich irgend in der Welt erkannt. 
Sag ich leicht noch manches, was Weiß ich recht zu schauen 
euch lieblich thut. Schönheit, edeln Sinn, 
Welchen Lohn mögt ihr mir reichen? So mir Gott! so schwör' ich, anders 
Deutschen Frauen will ich sagen nimmerhin 
Solche Kunde, daß sie schier Finden sich so holde Frauen. 
Aler Welt noch mehr behagen; Deutsche Maͤnner sind wohlge— 
Keinen Lohn will ich dafür zogen, 
Wohin wollt' ich denken Engeln gleich die Frauen anzusehn. 
Sie sind mir zu hehr; Wer sie schilt, der ist betrogen; 
So bescheid' ich mich und bitte sie Anders dann ich's wahrlich nicht 
nichts mehr, verstehn. 
Als mir holden Gruß zu schenken. Tugend und reine Minne, 
Lande hab' ich viel gesehen, Suchet wer dieß Ziel, 
Gern der Besten achtend allerwärts; Suchet unser Land, da ist der 
Uebel müsse mir geschehen, Wonne viel; 
Brächte ich dahin jsemals mein Herz, Leben müss' ich lang darinne. 
(Fr. Koch) 
Frühling und Frauen 
Wenn aus dem Gras empor die Blumen dringen, 
Als lachten sie hinauf zum Glanz der Sonne, 
An einem frischen Morgen früh im Mai, 
Dazu die kleinen Vöglein lieblich singen 
In ihrer besten Weise; welche Wonne 
Meint ihr, daß dem wohl zu vergleichen sei? 
Es ist wohl halb ein Himmelreich. 
Soll ich es sagen, was dem scheine gleich, 
So sag' ich's, was mir mehr Entzücken 
In meinen Augen stets gebracht 
Und immer thut, mag ich's erblicken.
	        
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