Full text: Des Mägdleins Dichterwald

Tiefe Stille; nur zuweilen knistert das gesunkne Feuer; 
Nur zuweilen kreischt verspätet ein vom Horst verirrter Geier; 
Nur zuweilen stampft im Schlafe eins der angebundnen Rosse; 
Nur zuweilen fährt ein Reiter träumend nach dem Wurfgeschoße. 
Da auf einmal bebt die Erde; auf den Mondschein folgen trüber 
Dummrung Schatten; Wustenthiere jagen aufgeschreckt voruber. 
Schnaubend bäumen sich die Pferde; unser Führer greift zur Fahne; 
Sie entsinkt ihm, und er murmelt: Herr, die Geisterkarawane!' — 
„Ja, sie kommt! vor den Kamelen schweben die gespenst'schen Treiber 
Üppig in den hohen Sätteln lehnen schleierlose Weiber; 
Neben ihnen wandeln Mädchen, Krüge tragend, wie Rebelka 
Einst am Brunnen; Reiter folgen — sausend sprengen sie nach Mekka. 
Mehr noch! — nimmt der Zug kein Ende? Immer mehri wer kann sie zählen? 
Weh, auch die zerstreuten Knochen werden wieder zu Kamelen, 
Und der hraune Sand, der wirbelnd sich erhebt in dunkeln Massen, 
Wandelt sich zu braunen Männern, die der Thiere Zugel faßen. 
Denn dieß ist die Nacht, wo alle, die das Sandmeer schon verschlungen, 
Deren sturmverwehte Asche heut' vielleicht an unsern Zungen 
Klebte, deren mürbe Schädel unsrer Rosse Huf zertreten, 
Sich erheben und sich scharen, in der heil'gen Stadt zu beten. 
Immer mehr! — noch sind die letzten nicht an uns vorbeigezogen, 
Und schon kommen dort die ersten schlaffen Zaums zurückgeflogen. 
Von dem grünen Vorgebirge nach der Babelmandebenge 
Sausten sie, eh noch mein Reitpferd lösen konnte seine Stränge. 
Haltet aus! die Rosse schlagen! jeder Mann zu seinem Pferde! 
Zitlert nicht, wie vor dem Löwen die verirrie Widderheerde! 
Laßt sie immer euch berühren mit den wallenden Talaͤren! 
Rufet: Allah!' — und vorüber ziehn sie mit den Dromedaren. 
Harret, bis im Morgenwinde eure Turbanfedern flattern! 
Morgenwind und Morgenröthe werden ihnen zu Beslattern. 
Mit dem Tage wieder Asche werden diese nächgen Zieher! — 
Seht, er dämmert schon! ermuth'gend grüßt ihn meines Thiers Gewieher. 
Der Prairiebrand. 
Von Armand. 
Original der 4. Auflage. 
Blau und glänzend liegt der Himmel rings auf den versengten Fluren, 
Der Prairieen hohe Gräser tragen flücht'gen Wildes Spuren. 
Eine dürre gelbe Decke hat die Eb'ne überzogen, 
Und verschwünden sind des Grasmeers weite, saftig grüne Wogen. 
Statt der Sonne stillen Gluten, statt der Mückenschwärme Tanzen 
Saust ein Sturmwind durch die Steppe, wühlend in den trocknen Pflanzen; 
Und der Jäger reitet spähend, leise, mit verhalt'nem Schritte, 
Und die Schar der wilden Thiere flieht des Rosses nahe Tritte. 
Alles lauscht der Macht des Sturmes, folgt in Angsten seinen Bahnen, 
Der, die lette Feßel brechend, pfeifend herbraust in Orkanen. 
Plötzlich zeigt sichs dort im Westen, an der Steppe flachem Rande, 
Wie ein dunkler Nebelstreifen, ähnlich einem schwarzen Bande. 
Wohl erkennen die Bewohner diesen Wustentodesengel, 
Der dem Feuergott voranzieht, grau in wolkigem Geschlängel. 
Was da lebt, sieht man die Blicke scheu zum Nebelstreifen richten 
Und mit banger Todesahnung eilig fort gen Osten flüchten. 
Schwärzer steigt das Wolkenlager an der Steppe fernen Vorden, 
Lauter heult des Hurrikanes) hohle Stimm' in Wuthalkorden; 
Horch! mit ihr in wilder Wette auch die wilden Thiere heulen, 
Während ihre flücht'gen Füße jäh die scharfen Halme theilen! 
Und lebend'ge Massen drüngen sich voin Westen immer näher, 
Schwarzen Rauches Wolken steigen über ihnen immer jäher, 
Decken halb den blauen Himmel, ziehn det Sonne schwer vorüber, 
Und das helle Licht des Tages wird mit ihrem Zuge trüber. 
ienes Windsturms, der von den Antillen ausgeht und, sich bei seinem Fortbrausen umdrehend, oft bis 
über die südlichen Staaten Nordamerika's fean 
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