Object: Für die Unterstufe der Lehrerseminare (Band 2, [Schülerband])

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die alten Benennungen; ebenso ist es mit dem Hühnerhofe. Und bei dem neuen 
hölzernen Hause, welches jetzt an der Stelle steht, aber immer noch jenen alten Namen 
trägt, erinnern sogar Überreste verwitterter Mauern an die Zeit des Königs. Auch 
weiß man, daß die Küche und das Backhaus da waren, wo jetzt Bergmanns Garten 
ist, und noch im Jahre 1818 hat man hier beim Abgraben eine gemauerte Herd⸗ 
stelle und verwittertes Küchengeräte aufgefunden. Noch jetzt weiß man die Siellen 
zu zeigen, wo der König gern weilte. Bei Hartwig am Steine, einem 2 in der 
Nähe von Vlotho, hat er einen Sitz in einen großen Stein aushauen lassen, und 
oft saß er dort und weidete seine Auͤgen an der herrlichen Umgegend. Im Elfen⸗ 
busche, einem Gehölze unweit Ebmeier, hatte er seinen Vogelherd und sein Vogelhaus 
Der liebste Platz war ihm aber der Hohe Esch bei Hücer, von wo man weithin 
schaut in das Hügelland zwischen Süntel und Osning. Da soll neben einer urallen 
heiligen Eiche ein Wartturm gestanden haben, und nach dem Abbruche desselben eine 
Kapelle, zu der man Wallfahrten anstellte. Als endlich mit der Kapelle auch der 
alte Baum dahingesunken war, ist an seiner Stelle eine ganz ungewöhnliche, wunder⸗ 
bare Buche aufgewachsen. Ein Stamm war es, der sich nahe an der Erde in sieben 
Schafte geteilt hatte, welche alle eine ungewöhnliche Höhe erreichten und ganz ohne 
Seitenzweige sich oben in ihren Wipfeln vereinigten, so daß man in der Ferue die 
Krone eines Riesenbaumes zu sehen meinte. Zwei von diesen Stämmen sind in den 
zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts, der eine durch Blitze, der andere durch 
Brand zerstört worden; aber die noch übrigen fünf Stämme hießen auch fernerhin 
die „heiligen sieben Buchen“, bis denn auch diese in den letzten Fahren verschwunden sind. 
Von dem Gefolge Wiekings sind die großen Saͤttelmeier aufgekommen. Sie 
begleiteten den König zu Pferde und waren auch späterhin verpflichtet, einen berit⸗ 
tenen Mann zum Kriege zu stellen. Es sind ihrer noch jetzt vierzehn: sieben in der 2 
Nähe von Enger (Hausgenossen, freie Bauern, Sattelmeier), und sieben weiterhin 
in der Umgegend voͤn Bielefeld, Werther und Heppen (hagenfreie Bauern, auch wohl 
Sattelmeier neben den ersteren genanut). Wenn sie mit dem Könige ritten, so be⸗ 
gann der zu Hiddenhausen den Zug, und der Meier zu Hücker schloß ihn; Rings⸗ 
meier war Aufseher des Marstaus, Ebmeier Wildmeister und ordnele die Jagden; 50 
Barmeier war das Haupt der Hirten; Windmeier war Wieklings Jäger und nährte 
seine Hunde. Die Sattelmeier hatten noch bis auf unsere Zeiten den Genuß manches 
Vorrechtes. Sie waren zehntfrei und wurden besonders feierlich bestattet; es wurde 
ein gesatteltes Pferd hinler ihrem Sarge hergeführt, dieser aber vor der Einsenkung 
auf dem Kirchhofe in die Kirche getragen und auf dem Chore niedergesetzt, als wollie 38 
der Tote hier noch zuletzt von der Grabstätte seines Königs Abschied nehmen. 
Wittelinds Gebeine selbst ruhen in der stillen, einfachen Dorfkirche, die in ihrer 
etwas verworrenen Bauart ein hohes Alter verrät. Das Grabmal auf dem Chore, 
mit Ausnahme des alten Bildsteines, rührt wahrscheinlich von Kaiser Karl IV. her, 
der persönlich 1377 die Stätte besuchte. Die aus Sandstein gehauene Gestalt des 
Sachsenheerführers ist eine treffliche sicherlich in das zwölfte Jahrhundert hinauf— 
reichende Arbeit. Wittelind liegt in Lebensgröße da; das Gesicht ist länglich und 
edel geformt, das Kinn glatt, der Mund klein; das Haar über die Schläfe und 
Ohren niederfallend; die rechie Hand zeigt einen gekrümmten Mittelfinger, ein Ge⸗ 
brechen, das der alte Sachsenfürst in der Tat bei seinen Lebzeiten hatte. Das 
Ganze war ehemals sorgfältig und sauber in Farbe gesetzt, wovon noch die Spuren 
sichtbar; aus dieser Zeit stammt die folgende Beschreibung der Abbildung von dinem 
Schriftsteller des sechzehnten Jahrhunderts; „Das lange Haupthaar fällt in das 
Schwarze; das Haupt bedeckt eine himmelblaue Kappe, die von einem Diadem mit 
Edelsteinen umschlungen ist; doch ist von den Sieinen nur noch die leere 
Fassung zu sehen. Das Unterkleid ist purpurrot; über diesem liegt ein scharlach⸗ 
farbenes, mit Perlen geziertes Kleid mit goldenem Saum, der ebenfalls mit jetzt 
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