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Elisabeth von Thüringen.
Die Wartburg.
A. Das Kind. Elisabeth war die Tochter des frommen Königs
Andreas von Ungarn; aber sie kam schon mit vier Jahren auf die
Wartburg. Landgraf Hermann warb nämlich um das Kind für feinen
elfjährigen Sohn Lndwig, und da die Eltern bereit waren, es diesem zur
Frau zu geben, so legten sie es in eine silberne Wiege nnd schickten es nach
Thüringen, damit — nach einer Sitte der Zeit — die beiden Kinder zu¬
sammen aufwuchsen. Dreizehn dienende Frauen gab man dem Kinde mit,
dazu ein großes Gefolge, und glücklich erreichte der Zug die Wartburg.
Landgraf Hermann nahm das Kind mit großer Herzlichkeit auf und gab ihm
sechs kleine Mädchen zur Gesellschaft, die mit ihm spielten und aufwuchsen,
und fröhliche Kinderjahre hat hier Elisabeth verlebt. Landgraf Hermann
war allgemein geliebt und geachtet, seine Burg beherbergte viele Gäste, unb
Gesang und Harfenspiel erklang jeden Tag. Die kleinen Mädchen mögen
manches Lied nachgesungen haben, wenn sie ihre Puppen in Schlaf wiegten;
denn die „Tocfe" war damals schon das liebste Spielzeng der Mädchen.
Auch mit Hunden und Eichhörnchen und zahmen Vögeln spielten sie gern.
„Blindekuh" und „Plumpsack" und Schaukeln gab es auch schon, und auf
den weiten Burghöfen war Platz zu fröhlichem Spiel; im Saal aber spielte
man Brettspiele.
Als Elisabeth neun Jahre alt war, starb der Landgraf, und ihr Ver-