Von der Scholle, die wir bebauen.
167
Versuchen wir der Salpetersäure ihren Sauerstoff zu nehmen. Wir
werden dann ja sehen, was übrig bleibt. Zu diesem Zwecke mischen
wir salpetersaures Kalium mit recht feiner Eisenfeile, füllen die Mischung
in ein Probierglas und erhitzen sie etwas. Führt man nach einer
Weile einen brennenden Span hinein, erlischt er sogleich. Das Probier—
gläschen enthält Stickstoff. Der kann nur aus der Salpetersäure in
dem Salpeter stammen, denn das Eisen hat keinen Stickstoff und das
Kalium auch nicht. Die Salpetersäure muß also eine chemische
Verbindung des Stickstoffs mit dem Sauerstoff sein. Sie sollte
daher von Rechtswegen nicht Salpetersäure, sondern Stickstoffsäure
heißen — und alle die salpetersauren Salze Stickstoffsalze. Ist das
aber nicht sonderbar? In der Luft sind die Bestandteile der Salpeter—
säure, unsäglich große Mengen Stickstoff und Sauerstoff, gemengt vor—
handen, und sie vereinigen sich nicht! Woran liegt das? Doch nur
an der Trägheit des Stickstoffs. Aber es ist gut, daß es so ist. Denn
was sollte wohl werden, wenn die Vereinigung vor sich ginge? Die
ganze Atmosphäre würde sich plötzlich in einen See von scharfer, bren—
nender Salpetersäure umwandeln. Allerdings geht dann und wann
in der Luft eine solche Verwandlung vor sich, bei jedem Gewitter
nämlich. Der Blitz bringt es fertig, daß sich ein Teil der Luft, durch
die er hinfährt, in rechte echte Salpetersäure verwandelt, indem sich der
Sauerstoff mit dem Stickstoff verbindet.
Auch mit dem Wasserstoff geht der Stickstoff unter Umständen
eine Verbindung ein, dann nämlich, wenn die beiden Stoffe aus früheren
Verbindungen frei werden und sich gerade in diesem Augenblicke treffen.
Dann bilden sie eine Luftart, die jedermann bekannt ist, das Am—
moniak. Es bildet sich häufig in Ställen und bei der Verwesung
und Fäulnis. Der Körper der Pflanzen und Tiere hat ja neben
Kohlenstoff und Sauerstoff — reichliche Mengen Stickstoff und Wasser—
stoff. Das Ammoniak wird vom Wasser begierig verschluckt, und so
entsteht das Ammoniakwasser, das die Leute auch Salmiakgeist
nennen. Das ist eine klare Flüssigkeit von stechendem Geruch und von
laugenhaftem, ätzendem Geschmack. Rotes Probierpapier wird darin
blau gefärbt. Das Ammoniak ist also eine Basis und bildet mit Säuren
Salze, die Ammoniaksalze, so z. B. mit der Schwefelsäure das schwefel—
saure Ammoniak, das ein Bestandteil des bekannten Alauns ist, der
zum Gurgeln gebraucht wird. Kohlensäure und Ammoniak geben kohlen—
saures Ammoniak oder Hirschhornsalz. Das salzsaure Ammoniak, das
die Leute Salmiak nennen, wird seit den ältesten Zeiten im Lakritzen
Ealmiakpastillen) als Heilmittel angewandt. Phosphorsaures Ammoniak
findet sich im Guano. Die Ammoniaksalze sind also, wie die salpeter—
sauren Salze, Stickstoffsalze.
114. Vom Masser.
Das Wasser ist eine mehr oder weniger klare, meist farblose
Flũssigkeit, die aus zwei Luftarten, dem Wasserstoff und dem
Sauerstoff, zusammengesetzt ist. In völlig reinem Zustande ist