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[Chlodwigs Nachfolger] Chlodwig teilte vor seinem Tode (511
das Reich unter seine vier Söhne. Theoderich, der älteste, bekam
Austrasien mit der Residenz Metz, die drei jüngeren teilten sich
in das Land Neustrien und Aquitanien mit den Residenzen
Orleans, Paris und Soissons. — 'Theoderich erweiterte seinen Besitz
mit Hilfe der mit ihm verbundenen Sachsen über die südliche Hälfte
des thüringischen Reiches; die nördliche Hälfte fiel den Sachsen
zu, Die andern Brüder unterwarfen das burgundische Reich. Zu
diesen Eroberungen kam noch die Erwerbung der Provence. Um die
Mitte des 6. Jahrhunderts erkannten auch die Bayern (oder Bajuwarier)
die fränkische Oberhoheit an, behielten aber ihre einheimischen Herzoge.
Chlotharl., der jüngste von Chlodwigs Söhnen, der seine älteren Brtider
überlebte, vereinte (558) die Herrschaft über das gesamte Frankenreich 558
in seiner Hand; nach seinem Tode (561) teilten seine vier Söhne den
väterlichen Besitz.
Schon die Geschichte von Chlodwigs Söhnen ist durch vielfache
Schandtaten befleckt, denn in dem Bestreben nach Erweiterung ihrer
Herrschaft scheuten auch sie sich nicht vor Mord und Gewalttat. Noch
Schlimmer wurde es unter den Söhnen Chlothars I., als die Königinnen
von Austrasien und Neustrien (Brunhilde und Fredegunde) einander
mit blutigem Hasse verfolgten, welchem die meisten Familienglieder
zum Opfer fielen. So gelangte Chlothar lL., ein Enkel Chlothars I., nach
Beseitigung aller Nebenbuhler in den Besitz der Alleinherrschaft
(6183—628). Er behauptete sie nicht dauernd; die Abneigung, welche
Zwischen den deutschen Austrasiern und den romanischen Neustriern
bestand, nötigte ihn, das Reich zu teilen und die Herrschaft über Austra-
sien seinem Sohne Dagobert zu überlassen (622). "Trotz zeitweiliger
Vereinigung mußte diese Teilung immer wiederholt werden.
[Die Maiores domus.] Die wiederholten Reichsteilungen und die
Sittliche Zerrüttung in der königlichen Familie bewirkten eine stetige
Abnahme ihrer Macht; und obwohl die Merowinger den königlichen Titel]
Weiter führten, gelangte tatsächlich alle Regierungsgewalt in die Hände
der „maiores domus“, der Verwalter des königlichen Haushaltes,
Schon Dagobert I. hatte an seiner Seite einen Maiordomus mit aus
gedehnter Gewalt, Pippin den Älteren. Jedes der Reiche (Austrasien,
Neustrien und Burgund, welches letztere auch nach seiner Einverleibung
ins Frankenreich seine besondere Stellung behielt) hatte einen Maior-
domus, bis der von Austrasien, Pippin der Mittlere, ein Enkel
Pippins des Älteren, durch die Schlacht bei Testri (nördlich von
Soissons) (687), in welcher er den König und Maiordomus von Neustrien 687
schlug," alleiniger Maiordomus des gesamten fränkischen Reiches wurde.
Gindely-Mayer, Lehrbuch für Obergymn. If, Bd. 10. Auf. 9