205
im Campo Santo zu Pisa, für dessen Wandbilderschmuck zahlreiche
Maler des 14. und 15. Jahrhundertes beschäftigt wurden. Noch weiter
als Giotto ging Masaccio (1401—1429), in dessen Werken das freie
Leben der Seele sich mit ausgesprochener Begeisterung für die körper-
liche Form und Schönheit des Ausäruckes, für harmonische Entwicklung
der menschlichen Kräfte verbindet. Die Schilderung der Vorgänge stützt
Abb. 74. Beweinung Christi von Giotto, Padua, Kapelle dell’Arena.
sich ebenso wie die von den Körperformen bestimmte Gewandung auf
genaueste Beobachtung der Wirklichkeit, auf eifriges Aktstudium und
Modellzeichnen. Masaccios Wandgemälde in der Brancaceikapelle der
Karmeliterkirche in Florenz wurden die hohe Schule für alle Maler des
15. Jahrhundertes. Ihm stand als eine in sich vollständig abgeschlossene
Künstlernatur Fra Giovanni Angelico da Fiesole (1387—1455),
der noch mehr auf dem Boden der Sienesen schaffende Dominikanermönch,
gegenüber; er ist der Maler des Seelenfriedens, allem Gewaltsamen, Häßlichen
und leidenschaftlich Bewegten abhold. Dies zeigen am klarsten seine
Gindely-Mayenr Lehrbuch für Obergymu, 10. Bd. 10. Aufl ‚m